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  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Overextending and Unbalancing Russia

Wer glaubt, all die Kriege und Konflikte die wir derzeit erleben würden zufällig zusammen auftreten, kann noch etwas lernen.

Zufall ist das sicher nicht.

Der Vormarsch der Anti-Assad Milizen in Syrien hat sicher etwas damit zu tun, dass weder die Russen noch der Iran Assad derzeit viel helfen können. Die SDF-Milizen haben einfach ihre Chance genutzt. Die USA schauen nur zu, ihr Einfluss in Syrien ist praktisch gleich Null. Ein von Islamisten beherrschtes Syrien ist auch nicht unbedingt ihr Lieblingsszenario, eher das von Erdogan.

In Georgien hat die Angst vor einem Krieg wie in der Ukraine kombiniert mit einer massiven russischen Kampagne zu einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse geführt. Die Wahl muss jetzt wohl wiederholt werden. Es ist der militärische Druck und die scheinbare Schwäche des Westens, die Russland hier vielleicht einen Erfolg bringt. Wenn nicht, kann man ja noch immer notfalls einmarschieren.

Der Zusammenhang mit dem Papier eines US-Thinktanks (von denen es Dutzende gibt, die hunderte von Papieren produzieren) von 2019 ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen. Man kann sicherlich konstatieren, dass es in den meisten Ex-Sowjetrepubliken pro-westliche Demokratiebewegungen gibt, die von den USA gefördert und von Russland bekämpft werden. Umgedreht macht Russland mit mehr oder weniger autokratischen Herrschern dieser Länder gemeinsame Sache.

Der Unterschied zwischen den USA und Russland ist: Putin kann nicht verlieren. Wenn ein Land Richtung Westen kippt, dann interveniert Russland notfalls militärisch, jedenfalls seit etwa 2005. Das machen die USA nicht. Russlands Politik folgt im Kern der alten Breschnew-Doktrin, dass den Ländern im russischen Einflussbereich nur begrenzte Souveränität einräumt. Nur fehlen Russland die Mittel, diesen Anspruch ohne Gewalt durchzusetzen.

Das militärische Engagement des Westens in der Ukraine in Form von Waffenlieferungen und Informationen ist eine Folge, nicht die Ursache des russischen Angriffs.

Die USA führen keinen Krieg gegen Russland und der RAND-Report beschränkt sich ausdrücklich auf nicht gewaltsame Optionen.

Im Bericht heißt es:

"Einige der untersuchten Optionen sind eindeutig vielversprechender als andere, doch jede von ihnen müsste im Hinblick auf die allgemeine US-Strategie im Umgang mit Russland bewertet werden, was weder im Bericht noch in diesem Brief versucht wurde."

Es geht also darum, Optionen auf ihre Wirkung und ihre Risiken hin zu untersuchen. Es wird keine Strategie empfohlen oder nahegelegt, sondern gerade auch um die Vermeidung von Eskalationsrisiken. Den USA kann man vorwerfen, dass ihnen eine klare Strategie gegenüber Russland gefehlt hat und sie die Risiken der Entwicklung in der Ukraine sträflich unterschätzt haben. Hätten sie den RAND-Report gelesen, hätten sie vieles vermeiden können.

Wann genau bei Putin der Entschluss zu der "Spezialoperation" gereift ist, das wissen wir nicht. Möglicherweise stand der schon längst fest, als das Papier 2019 herauskam.

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