[Zitat:] "Erstaunlich ist schon eher, wenn in der jungen Welt, die sich marxistische Tageszeitung nennt, unter der Überschrift "Instrumentalisierung von Flüchtlingen" Sätze zu finden sind, die klingen, als wollte man Argumente für die Festung Europa von links zusammentragen. "Für Gauck, Merkel und deren Gehilfen sind 'Buntheit' oder 'Willkommenskultur' allenfalls Marketinginstrumente. Sie haben die Interessen der Mächtigen durchzusetzen, nicht einen Karneval der Kulturen zu organisieren. Empathie ist das Verkaufsargument", heißt es da.
Die Heuchler sagen, Deutschland und Europa brauchen Fachkräfte. Nein, das Kapital braucht sie. Es verlangt nach ihnen, weil seine Institutionen – Unternehmen, Stiftungen und der von ihm gelenkte Staat – zu wenig heranbilden. Es ist billiger, Ingenieure und Ärzte aus aller Welt abzuwerben, Handlangerjobs von Menschen aus dem Kosovo erledigen zu lassen. Das eigene Prekariat braucht schließlich Konkurrenz."
Hier wird mit vermeintlich linker Phraseologie gesagt, dass Migranten vom Kapital ins Land geholt werden, um die Arbeiterklasse zu spalten. Dass könnte man noch als Schwundstufe eines _Schmalspurmarxismus_ bezeichnen."
[Zitat:] "Natürlich besteht die Gefahr, dass die Löhne und Sozialstandards gedrückt werden, wenn mehr Lohnabhängige auf dem Markt ihre Arbeitskraft anbieten. Schon sind in wirtschaftsnahen Kreisen Vorschläge zu hören, weitere Niedriglohnstufen einzurichten und dort Zuwanderer arbeiten zu lassen. Das hat weniger mit bösen Willen oder der Gier eines Kapitalisten, sondern mit der _Kapitallogik_ und der Schwäche der Lohnabhängigen zu tun."
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Zwischen 1924 und 1965 galt in den USA der Johnson–Reed Act, welcher die jährliche Immigration auf 2% der bereits aus diesem Land eingewanderten US-Bürger begrenzte.
> https://en.wikipedia.org/wiki/Immigration_Act_of_1924
Ab 1929 wurde wegen der Weltwirtschaftskrise/"Great Depression" jahrelang selbst diese Quote nicht ausgereizt, u.a. unter Präsident F.D. Roosevelt. Das ging, wie wir wissen, vor allem zu Lasten der jüdischen Flüchtlinge aus dem Dritten Reich, weshalb ich es zum Zwecke der Dramatisierung erwähne.
Daraus ergibt sich die Gegenfrage an den angeblichen "Weitspurmarxisten" Nowak:
War der Johnson–Reed Act (1924) etwa ein Zeichen für die Stärke der us-amerikanischen Lohnabhängigen, die, wie wir wissen, nach der russischen Revolution massiv eingeschüchtert wurden (Eugene V. Debs, der Chef der Socialist Party und mehrfacher US-Präsidentschaftskandidat, wurde gleich 1918 eingelocht)? Hatte Roosevelt in den 30-ern die "Kapitallogik" nicht geschnallt, obwohl er doch, wie Autoren vom Schlage Nowaks nicht müde werden festzuhalten, nur als "Charaktermaske" wirkte, wirken konnte?
Selbstverständlich hätte ich auch die aktuelle Einwanderungspolitik Australiens anführen können, wie schon etliche vor mir im Forum. Anstatt sich für diese Differenzen und die dahinter stehenden Motivationen zu interessieren skandalisiert Nowak die Nachfrage zu "Querfront" und versucht sie dadurch mundtot zu machen.
Der Marxismus stellte ehemals begriffliche Mittel bereit, den vorliegenden Widersprüchen der bürgerlichen Gesellschaft tatsächlich nachzuspüren. Denkschwache Konformisten wie Nowak haben daraus ein gleichzeitig dumpfes wie herrschaftsversöhnliches Wortgeklingel gemacht.
Ob die Bundesrepublik der 60-er oder Syrien im Jahre 2015 - it's just capitalism, "Kapitallogik", "Naturgesetz". Und dieses bescheidene Bild, in welchem alle Katzen grau sind, hübscht der Autor regelmäßig mit aktuellen propagandistischen Wortfetzen aus der bürgerlichen Diskussion auf - "Querfront", "Lügenpresse", "Zivilgesellschaft".