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  • Timo Rieg

91 Beiträge seit 30.09.2013

Re: Politischer Hooliganismus als journalistischer Normalfall?

Ich finde es vollkommen daneben, sich mit dieser Begründung vom Bemühen um Objektivität und Sachlichkeit im Journalismus verabschieden zu wollen.

Das wollte ich ganz und gar nicht. Und darf dazu auf meine hier veröffentlichte umfangreiche Serie zum "Corona-Journalismus" verweisen, konkret Teil 6:

Meine Einordnung hier ist als Angebot zur Meinungsvielfalt zu verstehen, so hat es auch Herr Neuber gesehen.

Es liegt eben im ZEIT-Beitrag kein einziger Hinweis auf tatsächliche Einflussnahme vor. Dass sich Verleger aus dem Tagesgeschäft der Redaktionen heraushalten sollten, dürfte von praktisch allen relevanten Verlegern so gesehen werden, auch Döpfner hat sich gerade so geäußert. Aber sie bestimmen natürlich die politische Linie, dazu bestellen sie u.a. die Chefredakteure. Die Zitate der ZEIT stammen wohl aus der Kommunikation mit Chefredakteuren (überwiegend mit einem, wie wohl sehr zutreffend gemutmaßt wird, weil er erstaunlich positiv weggkommt (was - wiederum kritikwürdig - bisher kaum aufgegriffen wird, weil es dem bisherigen Narrativ mit Faktenandeutungen widerspricht).

Döpfner ist nun von vielen Medien (die überwiegend nur die ZEIT-Zitate kolporiteren) angezählt worden, entsprechende Versuche gab es auch früher schon. Wir machen uns in der Journalistik viele Gedanken um Medienethik. Dazu sollte auch gehören, welche Auswirkungen es hat, wenn Leitungspersonen jederzeit damit rechnen müssen, dass ihre interne Kommunikation - in interessengeleiteten Auszügen - veröffentlich wird.

Für die zentrale Kritik des ZEIT-Artikels bräuchte es doch wohl eine Unterfütterung eben aus der Analyse des Springer-Journalismus. Da wäre ich sofort dabei. Aber dazu ist bisher nichts zu vernehmen. Deshalb habe ich danach gefragt: wo hat Döpfner in illegitimer Weise die Berichterstattung von Welt oder BILD nach seinem Gusto beeinflusst? DAS wäre doch die Enthüllung - und nicht, dass "launige Sprüche", unter Kumpeln oder (Geschäfts-)Freunden geäußert, publik werden.

Sich nicht gemein zu machen mit einer Sache, auch wenn sie für gut gehalten wird (nach Charles Wheeler, in Deutschland immer https://www.spiegelkritik.de/2015/09/23/zitate-korinthe-80/ Hanns Joachim Friedrichs zugeschrieben) verlangt eben auch, sich nicht journalistisch über jemanden zu ereifern, nur weil man ihn für einen Unsympathen hält.

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