Ich arbeitete kurz vor der Jahrtausendwende für einen Weltkonzern in Großbritannien. Damals schon gab es dort Vorkommnisse, die vorsichtig gesagt bedenklich waren. Uns "Continentals" wurde ein auf rotem Papier gedrucktes Papier mit "Vorsichtsmaßnahmen" gegeben, zum lesen und wieder zurückgeben. Rot, weil damals praktisch nicht fotokopierbar.
Bleibt aus dem Lift raus, wenn dort ausschließlich weibliche Mitarbeiter drin sind.
Immer eine Armlänge Abstand halten.
Keine Liebschaften mit Kolleginnen (oder Kollegen)
Besprechungen niemals nur zu zweit. Bei Chefs war immer eine Sekretärin zugegen, und es gab immer ein Protokoll.
Und so weiter.
Nach dem Anlass für diese "Anregungen" wurde uns von einem Fall erzählt, bei dem eine weibliche Person eine männliche, frisch beförderte Person eines Übergriffs beschuldigt hatte, aber vergaß, in seinen Kalender zu schauen. Er war zu dem angegebenen Zeitpunkt nicht in UK, sondern mit Frau und Kind in der Türkei auf Urlaub. Und sie nicht.
Eine wichtige Bemerkung fand ich damals denkwürdig. Es wurde klar gesagt, nicht alle Frauen sind so. Vermutlich ist der Anteil so gering, so eigentlich verschwindend gering, dass man als Mann niemals so einer Person begegnet, vor allem nicht im überschaubaren Personenkreis der Mitarbeiter. Aber EINE reicht, eine einzige Person, die einen Vorteil darin sieht, irgendetwas zu machen, was zu so einem Papier führt.
Das Problem damals war nämlich schon, dass die Firma in UK für die Mitarbeiter haftete - wäre ein Übergriff im Rahmen des dienstlichen passiert, wäre die Firma dran, obwohl sich illegale Handlungen vollkommen der Kontrolle der Firma entziehen. Genau darum werden Personen, die beschuldigt werden auch sofort rausgeschmissen, und auch nach Widerlegung nicht wieder eingestellt. Es klebt an der Firma.