1. Die Rebellion gegen eine bigotte Moral muss nicht zwangsläufig mit Ammoralismus einhergehen.
2. Das deutlich aufzeigen von moralisch verwerflichem Verhalten muss nicht zwangsläufig mit Bigotterie einhergehen.
3. Unmoralisches verhalten ist nicht automatisch (Straf)rechtlich relevant und/oder "rebellisch". Das heißt nicht, dass es nicht öffentlich angeprangert werden darf.
4. Rechtskonformes Verhalten ist nicht automatisch moralisch. Deshalb ist es wichtig und legitim auch darüber hinaus (moralisch) urteilen zu dürfen. Der Gesetzgeber hinkt bekanntermaßen häufig den neuesten Erkenntnissen hinterher.
Ich möchte auch allen die Männer wie Till Lindemann reflexartig in Schutz nehmen und gleichzeitig Frauen die sich kritisch zu seinem (offenbar systematischen) Umgang mit ihnen äußern Verurteilen, ans Herz legen auf die Aussagen und Erfahrungen von Menschen zu hören die nachweislich langjährig Opfer von Gewalt und Missbrauch waren. Die viel beschworene "Freiwilligkeit" ist häufig nicht gegeben, wenn man von derartigen Erlebnissen geprägt wurde. Das Rebellieren gegen derartige Verhältnisse (oder auch nur elterliche Bevormundung) ist keine Garantie für eine Befreiung. Nicht selten landet man im nächsten Missbrauchs- oder Bevormundungsverhältnis. Es ist völlig offensichtlich, dass es (vorwiegend) Männer gibt die sich das systematisch zu nutzen machen. Vor allem solche die in irgendeiner Weise eine Autorität darstellen und noch dazu in der Position sind Aufgaben zu delegieren, sodass sie selbst fein raus sind, sollte sich mal jemand beschweren.
Ein sehr viel grundlegenderes bzw. weiterführendes Problem, welches in dieser Debatte meiner Meinung nach viel zu kurz kommt ist die generelle Blauäugikeit der Massen gegenüber Prominenten, seien es nun Musiker, Schauspieler, Influencer aber auch Unternehmer und Politiker (was sich dann mitunter als "Personenkult" manifestiert). Die werden vergöttert als wären sie etwas besseres, während man sich selbst dabei vor ihnen - bis hin zur sexuellen Gefügigkeit - erniedrigt. Dabei sind das auch "nur" Menschen die oft einfach nur Glück hatten und letztendlich von der Gesellschaft getragen werden - auch wenn manche von Ihnen das selbst nicht einsehen wollen. Der Grund warum dieser Aspekt so unter den Tisch fällt dürfte darin liegen, dass es etwas systematisches ist, was die Gesellschaft als ganzes betrifft, während viele der Wortführer in dieser Debatte selbst auf unterschiedliche Weise von diesen Grundproblematischen Verhältnissen profitieren.