Die Hautfarbe deutscher Juden beweist, dass der Grad der Pigmentierung nicht das diskriminierende Element sein kann. Deutsche Juden waren und sind auch allgemein in der Realität physiognomisch nicht von deutschen Christen zu unterscheiden. Eigentlich müsste man beim Antisemitismus von einem 'Religionismus' sprechen, denn die religiöse Zugehörigkeit allein ist das auch von den Nazis herangezogene Unterscheidungsmerkmal, auch wenn sie anderes behaupteten. Schuster liegt daher mit seiner Begründung für sein Festhalten-Wollen am Rassebegriff wirklich komplett daneben, fällt post festum auf Nazi-Ideologie herein.
Aktuelle Rechtsextreme haben ohnehin den Begründungsdiskurs ausgetauscht. Ihre Ablehnung bestimmter Menschengruppen erklären sie nun kulturalistisch, bei Moslems religionistisch, was im Grunde auch auf Kultur abhebt. Der Streit um den Rassebegriff wird daher immer irrelevanter, viel eher ginge es darum, den Kulturessenzialismus - der leider auch von der Woke-Bewegung gestützt wird - als gefährlichen Irrweg zu bekämpfen.
Dieser Austausch, genauer dass er überhaupt möglich ist, zeigt schlagend die Unerheblichkeit aller die Diskriminierung legitimieren wollender Diskurse auf. Es geht um die Diskriminierung selbst, die Möglichkeit, einen Teil einer Bevölkerung sowohl als Sündenbock definieren, als auch als ökonomische Konkurrenz ausschalten zu können. Natürlich ist es wichtig, Begriffe zu finden, für das, was politisch getan wird, aber man sollte nicht die Begriffe mit der politischen Praxis selbst verwechseln. Die Beeinflussung ihres Gebrauchs ist wohl nicht folgenlos, aber bleibt der Praxis doch äusserlich. Wenn die Motivation weiter besteht - etwa die politische Machtübernahme -, ändert das Verschwinden eines Begriffs nichts. Man tut weiterhin dasselbe, nennt es bloss anders. Plato hat sich gründlich geirrt.