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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Bestallter auf hohem Ross

Varwick hat eine schwere Sehbehinderung, die ihn daran hindert, die Realität wahrzunehmen. Russland hat eine diplomatische Phase eingeschaltet und ist mit heute drei Mal auf absolut taube Ohren gestossen. Damit ist diese Phase beendet. Es wird keine weiteren Gespräche geben, zumindest solange der Westen nicht Konzessionen zu machen bereit ist. Selbstverständlich wären die Russen ihrerseits zu Abstrichen an ihren Maximalforderungen bereit, aber wenn die andere Seite glaubt, die Inhalte von Gesprächen diktieren, das, was den Russen am Herzen liegt, von Anfang an ausschliessen zu können, wird es wohl einen Knall brauchen, um sie aus diesen Illusionen aufzuwecken.

Sollen wir bei diesem fragilen Status quo stehen bleiben oder brauchen wir nicht einen wirklich neuen politischen Anlauf, um diese brisante Lage zu entschärfen?

Allein schon diese Fragestellung zeigt, dass Varwick die Situation komplett verkennt, auf die eigne Propaganda hereinfällt und glaubt, Herr der Lage zu sein. Der aktuelle Status quo wird nicht erhalten bleiben. Das hat Putin klar angekündigt. Ich kann mich nicht erinnern, dass seine Worte je von seinen Taten abgewichen wären. Man kann sich drauf verlassen. Niemand weiss um die russischen Pläne, aber sie werden schon enthüllt werden.

Die Drohgebärden Russlands gegenüber der Ukraine und das Imponiergehabe gegenüber Nato-Staaten in Übungen sind inakzeptabel. Dennoch führen Empörung und formelhafte Verurteilungen nicht weiter. Vielmehr ist jetzt Realpolitik angezeigt.

Da spricht einer, der ein wenig weiter unten mit russischen Augen sehen will. Und hält es einerseits für normal, dass dicht an den russischen Grenzen sich die nato immer penetranter aufstellt, die bankrotte Ukraine stetig aufmunitioniert wird und sich langsam aber sicher in einen grossen nato-Stützpunkt vor der russischen Haustür verwandelt, ein Beitritt ohne Beitritt gewissermassen. Anderseits von Drohgebärden spricht, wenn russische Truppen sich auf russischem Territorium bewegen. Zur Verdeutlichung stellen wir uns vor, dass Russland sich in Mexiko breitmacht und laufend Manöver im Golf von Mexiko veranstaltet.

Wer ist hier aggressiv? Wer kann das Varwick'sche Framing ernst nehmen? 2014 wurde westlicherseits ein faschistoider Putsch in der Ukraine nachgerade veranstaltet, mit Unsummen finanziert. Russland verhinderte mit knapper Not den Verlust seiner Marinebasis in Sewastopol - was im Übrigen im Sinn einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung war, die nur durch das kapriziöse Verhalten eines Diktators der Ukraine zugeschlagen worden war - und unterstützte die Absetzbemühungen im Osten der Ukraine, die mit dem polnisch geprägten Teil im Westen wenig bis nichts am Hut hat. Als es um Jugoslawien, später um Serbien ging, waren dem Westen die Grenzen übrigens auch nicht sakrosankt. Dort wurde das Völkerrecht mit Füssen getreten, aber Varwick glaubt das, zusammen mit anderen unschönen, den Status quo veränderenden Ereignissen der jüngeren europäischen Geschichte mit einem einzelnen Satz kommentarlos und argumentfrei abtun zu können.

...muss nicht für alle Staaten das Prinzip der freien Bündniswahl gelten?

Abgesehen davon, dass 'die freie Bündniswahl' an sich eine lächerliche Formulierung ist, es gibt schliesslich nur dieses eine, müsste doch gerade ein Professor für internationale Beziehungen und europäische Politik wissen, dass die absolute Souveränität aller Staaten eine Fiktion ist und es auf diesem Globus nur einige wenige Staaten gibt, die eine solche für sich in Anspruch nehmen können. Er übernimmt hier eine wohlfeile Propagandaformel, die geschickt auf dem im Westen omnipräsenten Freiheitsdiskurs aufsetzt, der gelegentlich allerdings auch gegen staatliche Interessen gewendet wird.

Zusammenfassend - es geht nicht speziell um die Ukraine, es geht um einen Konflikt zwischen Russland und dem westlichen Imperium als Ganzem. Die Reaktion der Putin-Regierung kann sich entsprechend auch ganz woanders materialisieren. Und sie wird unangenehm für einen Westen ausfallen, der in den letzten Jahrzehnten von einem gescheiterten Powerplay zum anderen gewankt ist, sich kürzlich nach 20 Jahren sozusagen einer Barfussarmee geschlagen geben musste und sich dennoch masslos überschätzt und der Wahnvorstellung anhängt, nicht nur Russland, sondern auch China seinem Diktat unterwerfen zu können. Dringlich sollten gerade Bestallte wie Varwick von ihrem hohen Ross heruntersteigen - bevor es zu spät ist und der gesamte Planet in Flammen steht.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.01.2022 01:54).

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