... dass Ihr Beitrag sicher sehr davon profitiert hätte, wenn Sie als Wissenschaftler sich an Fakten gehalten und weniger emotionale Töne angeschlagen hätten:
"Die territoriale Integrität von Staaten wird von Russland infrage gestellt, Grenzen mit militärischer Gewalt verschoben, die Ost-Ukraine befindet sich im Kriegszustand und die Nato denkt aus nachvollziehbaren Gründen wieder in Kategorien der Bündnisverteidigung".
Wie und in welcher Weise stellt Russland die territoriale Integrität von Staaten in Frage? Und vor Allem, von welchem NATO-Mitgliedsstaat? Sie meinen doch nicht immer noch die olle Kamelle Krim, oder?! Das war, was Sie sicher wissen, ein singuläres Ereignis und nur möglich, weil die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung nicht gemeinsam mit den russophoben Euro-Maidan-Kräften zusammen auf der Krim in die Zukunft gehen wollte. Wer will es ihnen verdenken. Und falls Sie ein Eingreifen in der Ostukraine meinen sollte, so ist Ihnen sicher R2P ein Begriff. Der der Westen hat diese Rechtsfigur zur offensiven Verteidigung von Menschen entwickelt. Ist das ein völkerrechtliches Instrument, welches Ihrer Meinung nach nur westlichen Staaten zur Verfügung steht oder stehen sollte?
"Die Drohgebärden Russlands gegenüber der Ukraine und das Imponiergehabe gegenüber Nato-Staaten in Übungen sind inakzeptabel".
Als Wissenschaftler ist Ihnen sicher der in Sicherheitsfragen nicht ganz unwichtige Unterschied zwischen Drohung und Warnung bekannt. Welche Drohgebärden meinen Sie? Und zur Einordnung Ihres Standpunktes: Sind NATO-Manöver wie "Steadfast Noon", "Sea Breeze" oder "Sapad 2021" auch Imponierehabe?
Schön, dass Sie es ansprechen:
"Diskutiert man mit Russen, so werden einem insbesondere die aus russischer Sicht klar gegen russische Interessen verstoßenden Punkte Kosovo-Krieg, Libyen-Einsatz, Erweiterung der Nato, US-amerikanische Raketenabwehrprogramme (die als Versuch der Unterminierung russischer Zweitschlagsfähigkeit verstanden werden) sowie Parteinahme für die Westorientierung der Ukraine und damit das vermeintliche Eindringen in direkte russische Einflusszonen vorgehalten".
Kosovo-Krieg: Erfindung des R2P, um einen ansonsten klar völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu rechtfertigen
Libyen-Einsatz: Russland wird belogen, um einen Sicherheitsratsbeschluss herbeizuführen, der inhaltswidrig zum Regimechange genutzt wird
Erweiterung der Nato: Russland wird über Erweiterungsabsicht belogen, um die Widervereinigung zu ermöglichen
US-amerikanische Raketenabwehrprogramme: welche nicht als Versuch der Unterminierung russischer Zweitschlagsfähigkeit verstanden werden, sondern Unterminierung russischer Zweitschlagsfähigkeit sind
usw.
Um den Rest abzukürzen. Es ist erscheint mir wichtig, dass Sie als Wissenschaftler beginnen, den Unterschied zwischen "Einflussverlust" und "Sicherheitsverlust" verstehen zu wollen. Denn das ist die Voraussetzung dafür, den Unterschied zwischen "Einflussverlust" und "Sicherheitsverlust" verstehen zu können, was wiederum die Grundvoraussetzung dafür ist, die russische Seite zu verstehen. Und einmal verstanden, dürfte es sicher leicht fallen, Lösungen zu finden. Wenn man dies denn tatsächlich möchte.