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  • Irwisch

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Re: Defätismus ist doch keine Option. :p

exkoelner schrieb am 01.02.2021 14:15:
Krass. Vielen dank für deine ausführlichen Gedanken und Erfahrungsberichten dazu.

Gerne. Die Erfahrung lehrt mich, daß solche Schilderungen dazu beitragen können, manche Empfänger zu sensibilisieren und dadurch zu erkennen, was tatsächlich die Ursache dafür ist, daß wir hier auf diesem Planeten so schreckliche Verhältnisse beobachten müssen.

exkoelner schrieb am 01.02.2021 14:15:
Meine Schwester macht gerade etwas ähnliches mit meinem Neffen, nicht so extrem, aber sie untergräbt massiv sein Selbstbewusstsein, warum auch immer ... vielleicht hat er Glück, sie ist wahrlich nicht die hellste Kerze auf der Torte, und er schnallt mit seinen 16 schon so manches ... und trotz allem liebe ich sie heiß und innig - sie ist meine Schwester. Aber was sie da mit ihrem Kind veranstaltet hat, ist für mich schwer nachvollziehbar - und sie macht sich damit das Zusammenleben mit ihm, und seinem Leben selbst so extrem schwer.

Wie bei meiner Nachbarin im Vorderhaus: Sie ist schätzungsweise 28 oder 30 Jahre alt, ihre Eltern stammen aus Polen. Wie mir L., eine ältere Deutschrussin, mit der ich gelegentlich spreche, mitgeteilt hat, wurde die junge Frau in ihrer frühen Jugend mehrfach von einem Onkel sexuell mißbraucht. Sie hat einen inzwischen 5jährigen Sohn, mit dem sie genau dasselbe macht wie Ihre Schwester: Sie sorgt mit Schimpfen, das oft im Hof zu hören ist – und vielleicht auch mit Schläge, doch das weiß ich nicht –, dafür, daß ihr Kleiner in Angst aufwächst. Er muß gehorchen, denn sie ist berufstätig und hat offenbar einen engen Terminplan. Wenn ich ihr mit ihrem Kleinen begegne, sucht der Junge immer Augenkontakt zu mir und möchte mit mir sprechen. Ich grüße immer beide, und sie reagiert darauf, daß sie den Kleinen immer schnell wegzieht, damit er nicht mit mir Kontakt aufnehmen kann. Sie grüßt nie zurück, sondern tut so, als hätte sie keine Zeit und müsse schnell schnell ihr Rad abschließen oder was auch immer. Die Angst steht der jungen Frau regelrecht ins Gesicht geschrieben. Ein befreundeter Psychologe hat mir erklärt, daß solche Frauen im Grunde alle Männer hassen, sich das aber nicht eingestehen können, weil die Gesellschaft solche Gefühlsäußerungen sanktioniert. Der unbewußte Haß umfaßt auch männliche Kinder, und so sorgt sie ohne Beteiligung ihres Bewußtseins dafür, daß ihr kleiner Bub, der nun wirklich nichts für ihre traumatisierenden Erlebnisse kann, zu einem Selbsthasser wird, der später kein nennenswertes Selbstvertrauen haben wird: »Mama mag mich nur, wenn ich so bin, wie sie mich haben will, wie sie mich braucht.«

exkoelner schrieb am 01.02.2021 14:15:
Es passiert alles noch heute, das sind offensichtlich keine Horrorstories aus den 50er/60ern. Nur manches läuft evt. etwas subtiler. Und darüber wird Gesamtgesellschaftlich nie geredet, das sind Themen für nur wenige - dabei gestaltet das womöglich nicht unerheblich unser aller Zukunft.

Genau. Auch die seit 2000 geltende Strafbarkeit von psychischer und physischer Mißhandlung hält Eltern nicht davon ab, es trotzdem zu tun. Schon vor über 40 Jahren gab es eine umfangreiche österreichische Studie zu angeblich harmlosen Klapsen oder angeblich gesunden Ohrfeigen:

Günter Pernhaupt & Hans Czermak: Die gesunde Ohrfeige macht krank – Über die alltägliche Gewalt im Umgang mit Kindern (1980) ISBN 385-368-866-7
https://next.duckduckgo.com/?q=gesunde+ohrfeige+macht+krank

Dort kann man u.a. nachlesen, daß sogar Eltern, die ihre Kinder eigentlich nicht schlagen wollen, dennoch hin & wieder die Hand ausrutscht, vor allem wenn sie selbst überfordert oder verunsichert sind, d.h., wenn sie Angst haben. Es gibt auch diverse Videos bei YouTube, wo z.B. Kinder schon so weit entfremdet wurden, daß sie davon ausgehen, diese oder jene Tracht Prügel hätten sie verdient, das wäre gerecht, von Vater oder Mutter geschlagen worde zu sein. Ähnlich, aber viel schlimmer verhält es sich bei sexuellem Mißbrauch, die Betroffenen sind fest davon überzeugt, komplett wertlos zu sein, und nehmen daher fast alles Unbill, das ihnen widerfährt, schicksalhaft hin.

Das Wichtigste scheint mir jedoch in der Tatsache zu bestehen, daß Menschen sich häufig an anderen abreagieren: Sie projizieren ihre eigenen Defizite, die sie nicht wahrnehmen dürfen, weil diese Wahrnehmung unerträglich wäre, auf andere und bekämpfen damit ihre eigenen Untiefen und gesellschaftlich verdammten Regungen bei anderen.

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