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  • duke3d.exe

mehr als 1000 Beiträge seit 12.09.2016

Harald Schmidt sagte neulich, er hätte seine damalige Show innerhalb einer

Woche weggenommen bekommen, hätte man damals schon das heutige Medien- und Empörungsklima gehabt. Gehen wir mal durch einen Teil des Artikels.

"Liebe Fahrgäste, unser Zug hat wegen der Entschärfung einer Bombe, die die Westalliierten auf die unschuldige Bevölkerung Frankfurts abgeworfen haben, zur Zeit fünfundvierzig Minuten Verspätung."

Eine solche Formulierung kann man als seltsam empfinden. Man kann sie auch amüsant finden, ob der Ungewöhnlichkeit. Politisch? Womöglich. Moralisch urteilend? Womöglich auch. Aber wie die Überschrift nahelegt als "Nazi-Durchsage", danke übrigens für diese wunderbare Formulierung im Stil der Zeitung mit den großen vier Buchstaben, kann man die Durchsage nur empfinden, wenn man Teil der Dauerempörten ist.

Julietta F. war verständlicherweise entsetzt und bat noch im Zug darum, mit demjenigen, der die Durchsage gemacht hat, sprechen zu dürfen. Das wurde ihr verweigert. Also postete sie die Angelegenheit auf die Facebookseite der Deutsche Bahn Personenverkehr und fragte: "Ist es im Sinne der Deutschen Bahn, dass Mitarbeiter politische Statements verbreiten?"

Nein, es ist nicht verständlich dass man aufgrund solcher Dinge entsetzt ist. Das ist kein Entsetzen, sondern sich künstlich echauffieren. Und dann geht das auch noch weiter, denn man ist ja schon so schön dabei sich emotional aufzuschaukeln, also sucht man die Konfrontation, die einem verweigert wird. Die beste (und moderne) Lösung ist natürlich der öffentliche Pranger im Internet. Stilvoll.

Mit erheblicher Verzögerung reagierte das Social-Media-Team der Bahn und schrieb: "Hallo Julietta, was Sie da erlebt haben tut mir sehr leid. Kulturelle Vielfalt, Offenheit, Toleranz und Respekt sind Grundwerte der Deutschen Bahn. Rassistische oder fremdenfeindliche Äußerungen widersprechen diesen Unternehmenswerten. Soweit ich mitbekommen habe, haben Sie bereits einen Service dazu kontaktiert. In dem Fall wird man dem Ganzen auch intern nachgehen und entsprechend auf den Kollegen zugehen."

Und auf die künstliche Aufregung erfolgt eine nicht ernst gemeinte, aber wohlwollend formulierte Entschuldigung. Aber wieso eigentlich entschuldigen? Da war nichts rassistisches, nichts fremdenfeindliches, nichts was sich gegen kulturelle Vielfalt ausgesprochen hat, nichts gegen Offenheit, nichts Intolerantes und auch nichts respektloses. Aber die Dame, die sich so schön künstlich aufgeregt hat und die modernen Pranger- und Internetgruppendynamiken zu nutzen wusste, die hat bekommen was sie wollte: Aufmerksamkeit, eine Reaktion der betroffenen Firma und sogar noch die Aussicht darauf, dass man "dem Ganzen auch intern nachgehen und entsprechend auf den Kollegen zugehen" werde.

Was für eine Welt, in der wir leben. Faszinierend.

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