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mehr als 1000 Beiträge seit 12.09.2014

Mitläufer

Angesichts dieser Aussage in Wurstmanns schäumendem rant

"...dass die alliierten Bomben im Jahr 1945 eine Nation aus Mitläufern und Mittätern, die das Naziregime erst ermöglicht haben, dorthin befördert haben, wo sie hingehört - und bleiben wird."

frage ich mich, wie sich der Autor und etliche Forenten hier denn vorstellen, dass die Bevölkerung des deutschen Reiches 1933-45 hätte effektiv und zur Zufriedenheit der bequem aus der heutigen Perspektive verächtlich Zurückschauenden sich von dieser Schuld befreien und Widerstand gegen die menschenverachtende Diktatur hätte leisten sollen und können.

Viele der heutigen Antifaschisten gehen von ihrer eigenen gegenwärtigen Lebensrealität aus, wo man per Demonstration, Kundgebung, Internetforum, politischer Teilhabe, Parlamentarismus, etc... sich gegen (immer mehr auch nur "gefühlte") neo-faschistische Tendenzen zur Wehr setzen kann. Wenige gehen auch noch soweit, tatsächlich zur physischen Gewalt zu greifen und damit die vermeintlichen "Feinde" zu bekämpfen, was wiederum von etlichen Mitläufern einer sich selbst als moralisch überlegen betrachtenden peer-group offenkundig gutgeheißen wird, wenn es gegen die "Nazis", die "Umweltsünder", die "Rassisten" und das "Patriarchat" geht.

Vergessen wird dabei aber, dass es spätestens nach der Machtergreifung eben diese Mittel, welche die NSDAP damals überhaupt erst über die SA an die Macht gebracht hat, und die daraufhin ob der damit drohenden Gefahr des Machtverlusts und im Bewusstsein um die Wirksamkeit dieses einst selbst genutzten Instruments, abgeschafft und verboten wurden.
Einen Massenaufmarsch gegen das Regime hätte dieses ohne Zögern niederkartätschen lassen, dass dagegen der 17. Juni und der Prager Frühling wie Volksfeste erschienen wären.
In der Folge wäre die Propagandewirkung für den Widerstand sogar fatal gewesen, von Einschüchterung und Angst (Terror) bis hin zur Darstellung als Gesellschaftsverräter an einer immer stärker durch gegenseitige soziale Überwachung und Denunziation eingeschworenen, von Kleinkindalter an geformten "Volksgemeinschaft".
Diejenigen, die es dennoch wagten und Flugblätter verteilten, landeten in der Grube, im KZ oder verschwanden einfach in den Gestapo-Gefängnissen - bewusst bekannt gemacht zur Einschüchterung und Niederschlagung jedes auch nur ansatzweise sich regenden öffentlichen Widerstands.

In diesem zutiefst vergifteten Klima hätte ich aus purer Neugier (nicht, dass ich es ihnen wünschen würde) gerne unsere derzeitigen Antifa-Aktivisten erlebt, ob sie sich dann auch getraut hätten, gegen die Machthaber aufzustehen und sich dem nicht nur politischen, sondern perfide aufgebauten gesellschaftlichen Zwang zu widersetzen, oder ob sie auch zu dem geworden wären, was Wurstmann hier als Mitläufer und Mittäter bezeichnet.

Oder erwartet der Autor tatsächlich, dass die 90jährige Oma den Revolver in die Hand nimmt, um Hitler zu töten, dass der Pennäler mit dem Küchenmesser loszieht, um Nazischergen auszulöschen?! Wenn sie das nicht tun, dann sind sie aber aus seiner Sicht Mitläufer und Mittäter!

... und verdienen damit die Auslöschung durch Bomben!
Jeder der nicht aktiv das System bekämpft (und dabei draufgeht) hat halt durch die Hand der "Befreier" zu sterben, oder wie?!

Vielleicht treibt Wurstmann aber auch eine Auslöschungsphantasie an, wie sie schon historisch von den Siegern nach jedem Krieg angedacht wurde, nicht umsonst "vae victis!". Hätte aus seiner Sicht evtl. die gesamte deutsche Bevölkerung umgebracht, ausgelöscht, von der Erde getilgt werden müssen, nur weil sie die Verbrechen des Nazi-Regimes nicht verhindert haben? Wäre dies aber nicht ein ebenso gewaltiges, wenn nicht sogar noch viel größeres Verbrechen gewesen? Träumt Klein-Gerrit hier etwa vom Völkermord, legitimiert damit, dass es ja "alles nur Nazis" waren, weil sie sich nicht genug gewehrt haben?! Am besten gleich mit den anderen Fahrgästen anfangen, die sich nicht gleich so wie seine Freundin öffentlichkeitswirksam aufgeregt haben???

Denn was heißt das für den aktuellen gesellschaftlichen Umgang miteinander? Ist jetzt die "Auslöschung unwerten Lebens" = Nazi (auch wenn zum Großteil nur "gefühlt") wieder en vogue und werden wir demnächst dann erleben, dass an Geschäften steht "kauft nicht beim AfDler!" und "Nazis in's Gas!" oder dass Bombenattentate auf AfD-Parteibüros und Wohnungen von "rechten" Parteifunktionären vom Strafrecht ausgenommen sind?

Wahrlich, der Faschismus kommt wieder, wenn er nicht sogar schon in großen Teilen schon wieder gesellschaftlich etabliert ist, die weit über den gewissen 15% liegen, und er trägt die Maske des Antifaschismus...

Zum Artikelgegenstand selbst: Unangemessene politische öffentliche Äußerung im Dienst bliebe hier maximal zu prognostizieren, was evtl. vorbehaltlich einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung, max. mit einer Abmahnung zu ahnden wäre.

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