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mehr als 1000 Beiträge seit 01.12.2023

Erstmal den Filz aufbrechen ...

... und die unheilige Allianz zwischen Verpackungsindustrie und dem "Dualen System" aufbrechen. Die Idee dahinter: Recycling ist gut, aber noch besser wäre, wenn auf Verpackungsmüll verzichtet werden würde.

Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorn beim Verpackungsmüll: wir trennen nicht nur weltmeisterlich den Müll, wir liegen auf Platz zwei bei der Müllerzeugung. Nur Irland liegt knapp vor uns.
Q: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt-Energie/Verpackungsmuell.html

Solange das so ist, läuft etwas grundsätzlich schief. Es wird schlichtweg zu viel verpackt, insbesondere im Lebensmittelbereich. Denn dort fällt einfach der größte Anteil Alltagsverpackungsmüll an. Auch in der Industrie wird viel verpackt. Und dann gibt es noch das große Thema "Einmalartikel". Das wurde zwar auch in Deutschland angefasst, aber hat keine wirkliche Lösung gebracht: an Frittenbuden gibt's eben alles nun in Papier- oder Holzfaser, weggeworfen wird noch immer. Vielleicht lässt sich To-Go-Kaffee im Mehrwegbecher anbieten, aber niemand will verschmutztes Geschirr mit sich rumschleppen. Und Frittenbuden haben selten eine voll ausgestattete Küche mit Geschirrspüler, um Geschirr zu spülen.

Der "Grüne Punkt" sollte eigentlich helfen, Müll zu vermeiden und die Menschen durch Mülltrennung das Recycling nahebringen. Und wäre das auch die letzten Jahrzehnte durchgesetzt worden, wären wir heute nicht Mülleuropavizemeister. Dann hätten wir eher ein Müllaufkommen wie in Slowenien - das sind 100 Kilo weniger pro Kopf und Jahr. Vielleicht sollte man sich in Berlin diese Statistik zu Herzen nehmen? Ach, lieber nicht. Seltsam, dass auch die DUH nicht klagt. Dabei wäre es ein leichtes, die Verpackungs- und Lebensmittelindustrie in die Pflicht zu nehmen.

Im Grunde müsste nicht viel passieren. Glas und Papier/Pappe werden nicht über den gelben Punkt entsorgt, sind aber grundsätzlich recyclingfähig. Bei den Papierabfällen sind wir aber auch meisterlich unterwegs: Vermeidung ist nicht vorgesehen. Dabei könnte man auf einen großen Teil des Papiermülls verzichten, etwa durch eine Reduktion von unverlangten Werbe- und Postwurfsendungen. Hier könnte man per Gesetz eingreifen.
Das duale System ist auch eher Schönfärberei: recyclingfähig ist ohnehin nur ein Bruchteil dessen, was im "gelben Sack" landet. Der Rest wird verbrannt. "Clevere Tetrapacks" sind nicht recyclingfähig. Metallisierte Kunststofftüten sind ebenfalls vom Recycling ausgeschlossen. Nur bestimmte Einkomponenten-Verpackungen sind überhaupt recyclingfähig, z.B. PE/PP-Verpackungen. Jogurtbecher sind also okay, aber nur ohne Aludeckel. Warum wird eigentlich nicht bei einem PP-Jogurtbecher auch ein PP-Deckel aufgebracht und auf die oft metallisierten Etiketten verzichtet?

Natürlich wird unsere Regierung, wenn sie sich des Themas annimmt, nicht etwa Vorschriften erlassen, wie verpackt werden sollte, sondern wieder die Endverbraucher als angebliche "Inverkehrbringer des Abfalls" in die Pflicht nehmen. Dabei ist das Unsinn: Inverkehrbringer sind die Verpackungsindustrie, die Lebensmittelindustrie und, letztendlich, der Einzelhandel. Damit sollte hier auch angesetzt werden.

Mein Vorschlag, abgesehen von Einkomponentenverpackungen und ein Verbot von Verbundstoffverpackungen ist auch eine Transparenzoffensive: auf den Preisschildern müssen die Verpackungs- und Transportkosten mit ausgepreist werden. Dann kann der Kunde im Geschäft entscheiden, ob er regionale Produkte bevorzugt und solche mit sparsamerer Verpackung, als die teuren Hochglanzprodukte mit teurer und schwer recycelbarer Multikomponentenverpackung.

Am Ende muss der unheilige Filz aufgebrochen werden der unterschiedlichen Interessen von Verpackungs- und Entsorgungsindustrie, von Lebensmittelbranche und vielen, vielen mehr. Die Zeche sollten endlich die Verursacher zahlen müssen und nicht die Endverbraucher.

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Kleiner Schwank am Rande zum Thema "Verbraucher bestrafen": die Entsorger werden unverschämt teuer. Die schwarze Tonne wird in meinem Eck nun von einem neuen Entsorgungsdienstleister geleert. Der hat erstmal umgestellt von Nachzahlung auf Vorauszahlung und von Halbjahresabrechnung auf eine Jahresrechnung. Mir flatterte nun eine 260-Euro-Rechnung ins Haus: 180,- Euro ist praktisch die Grundgebühr für meine 80l Tonne, darin enthalten sind 12 Entleerung. Abgeholt wird alle zwei Wochen, d.h. bis zu 25 Entleerungen sind möglich. Ich habe im Schnitt alle drei Wochen die Tonne voll, damit "antizyklisch". Sonderentleerungen sind also nötig. Die haben nun dafür gesorgt, dass ich erstmal 40 Euro nachzahlen darf, aber gleich auch für's neue Jahr 40 Euro vorauszahlen kann. Ergo: 260 Euro Rechnung. Das ist am Jahresanfang ein echter Brocken.

Katzenstreu darf nicht in die braune Tonne. Babywindeln auch nicht. Ich werde also bestraft für Haustierhaltung und Kleinkinder. Aber auch wenn ich nur nach "Plan" entsorge und nur die 12 Entleerungen nutze, sind es 180,- Euro. Das ist unverschämt - und ich frage mich, ob mancher nicht wieder anfängt, seinen Müll andersweitig zu "verklappen". Die hohen Preise sind ein echtes Problem. Warum wird eigentlich nicht sozialverträglich die Grundentsorgung kostenfrei angeboten? Dann muss ich nur die Extraentleerungen zahlen. Das hätte auch einen positiven Effekt: wer müllsparsam lebt, kann sich die Jahresgebühr sparen. Wer mehr entsorgt, zahlt halt was. Dann können das auch die 40 Euro Nachzahlung + 40 Euro Vorauszahlung sein für die zusätzlichen Leerungen.

Aber auch hier wieder habe ich den Eindruck, dass es drum geht den Endverbraucher, der ja oft gar nichts für den Müll kann (Babywindeln !!!!) bestraft werden soll, statt mit positiven Anreizen zur Verhaltensänderung ermutigt zu werden.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.03.2024 12:56).

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