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  • Fasti Narbeit

893 Beiträge seit 16.07.2009

Re: Bewusstsein!

> Wie wirkt sich so ein langer erzwungener psychiatrischer Aufenthalt
> auf das Selbstbild eines Menschen aus?

Wie schon? Aufbauend auf vorhandenem mentalen Rüstzeug 
entwickelt (oder versucht es zumindest) 
die Kreatur der veränderten Umgebung angepaßte 
biologische und emotionale Überlebensstrategien 
und wendet diese an.

Die Kreatur wird in diesem Prozess selbstverständlich 
nicht hilflos sich selbst überlassen, sondern bekommt
Hilfestellung in Form eines an ein psychiatrisch-dogmatisches
Menschenbild angelehntes Reglementariums.

Da dessen Einhaltung das Leben in besagter Umgebung erheblich 
erleichtert, wird die Einhaltung bisweilen als Handlung im 
Rahmen eines Eigeninteresses empfunden und selbsttätig (im Rahmen
der jeweiligen Kreatur zu eigenen Möglichkeiten) gewährleistet.

Die ständige Anwendung besagter Überlebensstrategie festigt diese,
ehemals für andere Umgebungen ausgeübte Stategien verlieren ihre
Integrität, wiederum, andere Strategien für differente Umgebungen
(da draußen) können mangels Impulsen und Notwendigkeiten nicht 
angewandt, neu erlernt, erhalten, etc. werden.

Voila ! Der neue Drehtürpatient ist geboren.

Nicht immer, aber auch nicht selten ... 

Die Frage war nach dem Selbstbild.

Manche finden sich damit ab, 
geben sich auf/hin, 
einige konzentrieren sich auf die positiven Aspekte,
viele akzeptieren ab einem gewissen Punkt, 
daß sie ohne zumindest zeitweisen Aufenthalt in beschriebender
Umgebung nicht mehr existieren können,

die Einen akzeptieren das Bild, das Psychiater von ihnen zeichnen und
machen es sich zu eigen,

nunja, und die Anderen halt nicht, die empfinden Demütigung und die
"gewonnenen" Erfahrungen als Ballast ...   

> Denken geschieht immer auch in Schritten, lässt sich so einteilen.
> Ein Freund von mir denkt bei bestimmten Themen immer in eine negativ
> Richtung, er zeichnet da schwarz, malt kleine Horrorszenarien. Ein
> oder zwei Stichworte reichen als Anstoß aus, man kann fast sehen, wie
> die Gedanken dann immer in die gleiche Richtung laufen, und er
> verhält sich dabei so, als ob das, was er beschreibt, unausweichlich
> wäre. Er kommt immer wieder zu den gleichen Schlüssen, obwohl die von
> ihm angenommene Zukunft noch weit weg ist. 

Die inneren Prozesse Ihres Freundes scheinen auf ein Spannungsfeld
zwischen
negativer Erwartungshaltung und selbsterfüllender Prophezeiung
geeicht.

Bedeutet meines Erachtens aber immer auch eine Überlebensstrategie,
die in einer bestimmten Lebensphase Sinn ergeben hat, oder es
weiterhin tut.

> Was ist, wenn Menschen die
> Basen ihrer Interpretationen gar nicht bekannt sind, sie da gar nicht
> hinsehen? Wenn die Ursachen von Verhalten nicht geläufig sind,
> verdrängt oder so? Sind das Manipulationsstellen?

Arbeitsthese: Es könnte vielleicht sein, daß die Definition des
Menschen als rationales Wesen völliger Humbug ist, die unbestreitbare
Fähigkeit rational begründete Denk- und Handlungsmuster an den Tag zu
legen aber darauf hindeutet, daß das die Hirnfunktion des Tiers
Mensch im Vergleich zu anderen Tieren u.a. um einen rationalen Aspekt
erweitert ist.

Wäre es logisch weitergedacht dann nicht vielleicht pure individuelle
wie kollektive Selbstkasteiung (guter alter abendländischer
Tradition), den Menschen vervollkommnen zu wollen, indem man zueigene
tierische Aspekte fortwährend versucht zu negieren, niederzuringen?

Wäre der Mensch eine von subjektivitäten geschüttelte kleine Husche,
wäre er auch hochgrading manipulierbar ... 

> Ich meine, Menschen brauchen gute, starke Selbstbilder, wir wollen
> insbesondere mit den Menschen, die uns liegen, tiefe Beziehungen
> eingehen, gemeimsam in und durch das Leben gehen, gemeinsam Wachsen.
> Was ja sehr schön sein kann. 

All das brauchen Menschen nicht unbedingt im Rahmen einer nackten
Existenz.

> Menschen, wie eben in solchen Anstalten, vom Leben, von den
> natürlichsten Bedürfnissen fernzuhalten, ist schlicht ulta brutal.
> Bob

Jaja, schon richtig.
Aber wer sollte das ändern? 
Wie sollte z.B. jemand, der in so einer Einrichtung arbeitet genügend
Empathie an den Tag legen, daß er die Tragweite der Verhältnisse
erfassen könnte, ohne selbst einzufahren ...? 


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