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  • Frieder

mehr als 1000 Beiträge seit 24.07.2000

Re: Gefeierte Gigantomanie

joribo schrieb am 11.01.2024 00:58:

....das ist was wahres dran dass die modernen Grossanlagen nicht unbedingt wirtschaftlich optimal sind. man könnte zB statt einer WKA 16MW zwei zu 8 MW aufbauen und liegt wirtschaftlich oft besser da.

Oft, aber nicht immer, wie Sie selbst nachfolgend schreiben:

Grund für die Grossanlagen ist teilweise der reine Wettbewerb, jeder will als der Grösste darstehen. Egal was es kostet. Was für Grossanlagen über ca 150m spricht ist das offshore-Fundament, weil es unwirtschaftlich ist in grosse Wassertiefen mit grossen aber relativ schwachen Fundamenten zu gehen. Da ist 1 x 16MW günstiger als 2 x 8. Auch von den Netzanbindungskosten, Verkabelung.
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Es gibt aber einen technischen Knackpunkt der stark gegen Grossanlagen spricht, das Wachstumsgesetz. Nehmen wir an wir hätten eine WKA als Referenz. Die machen wir nun doppelt so gross. Die Rotorfläche steigt um Faktor 4, und wenn wir das Rating gleich lassen, wird der Antriebstrang (Getriebe, Generator etc) um Faktor 4 grösser. Aber der doppelt so grosse Rotor wird sich (wenn wir die maximale Umfangsgeschwindigkeit begrenzen wegen Erosion und Schall) halb so schnell drehen. Nun haben wir 4fache Leistung und halbe Drehzahl. Das gibt 8 faches Drehmoment.
Aus unserem harmlosen Skalierungsfaktor 2 wird also Faktor 8 im Drehmoment. Und was ein Getriebe oder Geno dimensioniert in Masse und Kosten ist weitgehend das Drehmoment!
Nur geringfügig die Drehzahl. Der Antriebstrang wird also fast 8 mal so schwer und teuer.

Kommt nun auf die Situation der Anlage an, welchen Anteil Getriebe und welchen Anteil Fundament ausmachen.

Insgesamt bekommen wir also eine Anlage deren Antriebstrang sich im Verhältnis zur Energieerzeugung deutlich verteuert.
Dazu kommt dass die Rotorblätter bereits ab ca 50-60m Länge gewichtskritisch sind. Dh sie diemensionieren sich durch das zyklische Schwenkbiegemoment, was Schwerpunktsabstand mal Masse ist. Aber wenn wir sie verstärken um diese Momente zu verkraften dann fügen wir Masse hinzu und erhöhen diese Momente. und noch eine Portion Masse dazu zwecks abfangen dieser nun gestiegenen Momente, aber nochmal Erhöhung etc.....Ein Teufelskreis. In diesen Teufelskreis laufen alle Grossanlagen voll rein.

Mit diesen Ausführungen haben sie den Halbsatz aus meinem Post:"...solange sie nicht an technische Grenzen kommen, wo limitierende Faktoren einsetzen..." schön illustriert.

Zudem kann ich Ihnen sagen: Das war genau die Geschichte des Growian, wo in einem Schritt versucht wurde von (ich glaub die Anlage auf der Schwäbischen Alb hatte so um) ~25 MW auf 1 GW zu skalieren versucht wurde.

Es gibt da Diagramme im Internet, Die Blattlänge hat dann sogar eine Grenze der Machbarkeit selbst wenn man den Holm aus Kohlefasern macht. Das derart übergewichtige Blatt dimensioniert dann auch Nabe und Rotorlager.
Und was noch dazu kommt ist der Transport. Nabe ode rMaschinenträger einer 7MW-Anlage (Topmasse ist 540 to) sind gerade eben noch auf der Strasse zu transportieren. Die jetzigen Grossanlagen kann man sinnvoll nur an der Küste in Hafennähe herstellen.
Und noch ein Argument gegen Grossanlagen: Die Lagerlieferanten haben weder Drehbänke noch Härteöfen für genügend grosse Lager, der WKA-Hersteller muss da investieren. 2013 rum war die Grenze 4,2m Durchmesser für einsatzgehärtete Grosswälzlager.
Die Grossanlagen sind damit ausschliesslich offshore bei tiefem Wasser sinnvoll.
Und natürlich als Prestigeobjekte. Man sollte sie nicht gross feiern weil der Gewinn an Wirtschaftlichkeit Null oder minimal ist gegenüber einer grösseren Anzahl von mässig grossen Anlagen, so 7-8MW ist gut handhabbar.

Ich bin eigentlich auch ein Freund der mäßig großen Anlagen, muss aber doch immer mal wieder feststellen: Hier ist eine Situation, wo eine ganz große im Vorteil ist. Wobei vieles auch eine Frage der Technologie ist. z.B. Neue Werktstoffe, neue Grenzen. Und ja, China wird da von einem Ehrgeiz getrieben. Schliesslich haben sie seit dem Opium Krieg mit dem Westen noch eine Rechnung offen.
Wobei das nur hier in TP indirekt mal thematisiert wurde.
Und als Nachzügler können Sie ihre Anlagen anhand unseren Vorlagen so ausslegen, daß sie im Vorteil sind und etwas größere Größen bauen können. So wie Frankreich das mit der Rafaele gemacht hat, als das Jäger 90 Konzept fest stand.

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