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  • Alexander Durin

mehr als 1000 Beiträge seit 21.03.2013

Eigene Lösung: Erfahrung, Technik und Philosophie

Vorab: meine Lösung war anfangs nur für einen Blackout gedacht (14 Tage) und hat sich dann weiter entwickelt mit einer Garten- und Campinglösung erweitert. Ich mache das aber mehr aus Hobby, denn das Ganze hat schon ein paar tausend Euro gekostet.

Den Kern bilden gebrauchte und günstige Starterbatterien (1x100 Ah und 1x50Ah), ein kleiner Lithium-Ionen-Akku (20 Ah; hauptsächlich für die elektrische Angelrolle) sowie eine 95Ah Versorgerbatterie. Zum Laden stehen drei 230V Batterieladegeräte und ein Solarladeregler (s.u.) bereit.

Als Quelle dienen zwei 140 Wp-Solarmodule, die fest auf die Gartenhütte montiert werden (Mehrfamilienhaus; Miete, keine Balkone). Sie dienen hauptsächlich der Gartenstromversorgung (kein Netzstrom im Garten). Dazu kommen noch zwei mobile Module á 120 Wp für Camping und Blackout.

Die Module sind an einen Victron Solarladeregler (max. 220 W) angeschlossen, der in der Gartenhütte ist und den Gartenstrom bereit stellt bzw. bei einem Blackout eine Batterie laden kann. Bei einem Blackout im Winter (wenig Sonne) kann ich alle vier Module mit zusammen 520 Wp an den Laderegler anschließen. Die Module sind also overpowered im Sommer, damit im Winter wenigstens etwas heraus kommt. Der Laderegler hat übrigens einen Batteriewächter, der verhindert, dass die Batterie zu tief entladen wird.

Als weitere Quelle dient ein Inverter-Notstromgenerator (Benzin; 1-2 l/h). 100 l Benzin sind sicher gelagert. Seine Hauptaufgabe ist im Notfall die Kühlung aufrecht zu erhalten: eine Gefriertruhe und zwei Kühlschrank-/Tiefkühlschrank-Kombinationen. Gedacht (aber nicht ausprobiert) ist, den Generator mehrmals kurz pro Tag laufen zu lassen (die Generatoren gehen im "Dauerbetrieb" kaputt!), um die Kühlung aufrecht zu erhalten. Ob das so klappt, weiß ich nicht.

Bei diesen Läufen kann der Generator auch die Batterien (teilweise) wieder aufladen (deshalb die vielen Batterieladegeräte), wenn beim Blackout gerade kein Solarstrom zur Verfügung steht. Das scheint zwar wegen den Wirkungsgraden unsinnig, ist aber die einzige verlässliche Energiequelle.

Dazu kommen zwei 12V-230V-Wechselrichter, die aber nicht wesentlich sind, weil das meiste mit 12 V läuft. So kann man aber mit Notebook und Fernseher noch Filme schauen, falls einem überhaupt danach ist.

Und nun zu den Verbrauchern. Für den Blackoutfall hatte ich zunächst LED-Leuchten aus dem Caravan-Bereich (natrugemäß 12 V) gekauft. Die kann ich in der Wohnung aufstellen und sie beleuchten (neben den gehorteten Kerzen). Hauptsächlich die große Küche (=Aufenthaltsraum bei Blackout) mit angenehmer indirekter Beleuchtung (eigentlich Verschwendung im Notfall) und ein paar Lampen, um auf dem Weg in Bad und Bett sich nicht die Knochen zu brechen. Eine volle 100 Ah-Autobatterie kann so Licht für 5-8 Tage spenden.

In die Zuleitungen zu den Lampen sind Schnurschalter eingebaut, so dass man bequem Licht ein- und ausschalten kann, um Strom zu sparen.

Mittlerweile achte ich beim Kauf neuer Lampen für die Wohnung (wenn alte Lampen ausgemustert werden) darauf, dass sie mit 12 V laufen. Das sieht man meist nur, wenn man die Verpackung auf macht und die Sekundärspannung auf den Steckernetzteilen abliest. Dann trenne ich die Kabel von Netzteil zu Lampe durch, versehe sie mit Adernendhülsen und verbinde sie mit Lüsterklemmen. So kann ich sie im Normalfall mit den 230V-Netzteilen betreiben und im Blackoutfall durch Umklemmen auf Batteriebetrieb umstellen (natürlich lassen sie sich dann nicht mit den üblichen Lichtschaltern ein- und ausschalten).

Hinzugesellt hat sich eine Kompressorkühlbox (12V oder 230V bis -20°C). Sie ist klein und braucht wenig Leistung und ist der letzte Notnagel. Sie ist aber nicht nur für Notfälle: beim Angeln kann man den Fisch tiefgefrieren (neulich mussten wir Meerforellen vor Ort verspeisen, weil die Unterkunft keinen Tiefkühler hatte) und im Garten sorgt sie für das obligatorische gekühlte Bier (im Sommer natürlich über Solar/Batterie = Gartenstrom betrieben).

Und nun zum Kochen. Es ist wohl klar, dass der mickrige Solar- und Batteriestrom nicht zum Kochen geeignet ist und eine Elektrokochplatte an einem Notstromgenerator zu betreiben ebenfalls völlig unsinnig ist (ich habe eh zwei Benzinkocher).

Für mich kein Problem, da ich Hobbykoch bin und auf einem Gaskochfeld mit 11kg-Propangasflasche koche. Bei konsequenter Verwendung von Topfdeckeln reicht so eine Flasche 6 Monate.

Zusätzlich habe ich einen 8l-Hordentopf und einen 10l-Feuertopf (Dutch Oven), mit denen ich auf Holzfeuer das ganze Mehrfamilienhaus bekochen könnte. Gerade der Feuertopf hat sich schon großer Beliebtheit erfreut, da wir - anstatt zu Grillen - etwas gemeinsam im Garten gekocht haben. Tipps: Huhn auf Gemüse geschmort, Schichtflsich und Schichtrouladen; allerdings nicht auf Holz, sondern auf Holzkohlebriketts). In der kühleren Jahreszeit ist eine Hühnersuppe oder Punsch der Renner.

Das Kochen (nicht schmoren!) wurde deutlich erleichtert durch einen Raketenofen. Anders als auf Holzfeuer über der Feuerstelle ist er wesentlich effizienter (Kaminzugeffekt und Holzvergaserprinzip) und schneller in Gang zu bringen.

Als Nebeneffekt und mit Dual-Use (Notsysteme wie Solarladeregeler und Solarmodule können außerhalb des Notfalls Nutzen bringen) wird eine schöne Gartenbeleuchtung mit Ambiente vorangetrieben.

Nunja. Preppen und Notfallvorsorge wird hier jetzt schon gelebt, indem manche der Terchniken jetzt schon zum Einsatz kommen. Man lebt auch plötzlich bewusster, indem man jedes kW und jede kWh nachrechnet und in Bezug auf Energie auch langsam intuitiv zu begreifen lernt, wie viel kWh an Energie wir verbrauchen und welche Energiequelle wie viel Energie und wann und in welcher Form bereit stellt.

So ein paar Zahlen:

- Man sagt, dass ein Mensch mit einem Fahrradstromgenerator einer Dauerleistung (über Stunden hinweg) von 100 W hat. Nach zehn Stunden hat man eine kWh zusammen

- Eine 100 Ah-Verbraucherbatterie (Blei) kann rechnerisch 1,2 kWh speichern. Da man sie bloß bis zur Hälfte entladen sollte, bleiben 0,6 kWh übrig

- Ein 240 Wp-Solarpanel kann an einem hellen Sommertag vielleicht 0,5 kWh erzeugen. Im Winter kommt fast gar nichts raus

- Ein Scheit Brennholz (trocken) von 1 kg hat einen Heizwert von ca. 4 kWh. Nur geht viel von der erzeugten Wärme verloren. Holz bekommt man zur Not im Wald und ist lagerbar

- Auf Holz kochen (im Freien) geht also ganz gut, ein Zimmer mit Holz zu beheizen geht aber ohne "Umbaumaßnahmen" nicht

- Eine 11 kg-Flasche Propangas hat einen Brennwert von über 120 kWh. Die Energie kann relativ gut verwertet werden. In begrenztem Rahmen kann man damit auch heizen. Die Lagerung ist aber problematisch (nicht im Keller!)

- Ein Zweipersonenhaushalt verbraucht etwas über 2.000 kWh Strom pro Jahr. Das macht viertausend Sommertage mit zwei 120 Wp-Solarpanels und ebenso viele Aufladungen einer Verbraucherbatterie

Auf einmal wird einem bewusst, welchen Wohlstand wir haben und dass er nicht selbstverständlich ist. Es wird einem auch bewusst, dass die großen Energiemengen, die wir benötigen, so rein "privat" nicht einmal ansatzweise erzeugt/gespeichert werden können. Vielleicht ein bisschen Licht und ein bisschen Kühlung. Das war's aber schon.

Wärme kann man vergessen. Auf dem Land kann man noch etwas machen, in der Stadt ist man aber völlig abhängig.

Und wenn man das verstanden hat, dann weiß man, dass man seine Energieversorgung nicht wegen Ideologie und Hass leichtfertig aufs Spiel setzen soll. Es geht hier nicht um ein bisschen Abenteuer einer wohlstandüberdrüssigen Gesellschaft, sondern um Grundbedürfnisse.

Deshalb ist diese Krise so gefährlich.

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