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  • firedancer

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2001

Wichtiger Unterschied


> Plagiate sind doch nur deswegen verboten, weil der Autor (oder die
> Autorin) eines Plagiates sich einen Vorteil dadurch verschafft, dass
> er (oder sie) eine fremde wissenschaftliche Leistung als die eigene
> darstellt. Wer aber einen Text ins Internet stellt oder bei Wikipedia
> bearbeitet hat für gewöhnlich keine Vorteile davon -  nur alle
> anderen, die dort einen schlecht recherchierten Text lesen haben
> dadurch Nachteile.

Laß mich das präzisieren: Viele der geschriebenen Artikel (nicht
Blogs) werden Gemeinschaftsgut. Das ist ein bedeutender Unterschied
zu herkömmlichen Texten und daher kann auch nicht so einfach von
"Plagiaten" gesprochen werden. Angenommen ich kopiere eine
rudimentäre Anleitung, wie man einen Webserver installiert und
ergänze sie um meine eigenen Notizen, weil ich die Sache gerade
selbst durchexerziere, vervollständige und verbessere den Text also,
und stelle ihn dann wieder ins Netz, so handelt es sich um eine
Gemeinschaftsarbeit. Evtl. ist mir der Autor unbekannt. Und jemand,
der meine Arbeit liest, interessiert sich für mich als Zweitautor
überhaupt nicht. Und ich werde niemanden belangen, wenn er meine
Arbeit weiterverarbeitet.

Nun, dennoch werden wir lernen müssen, bei Urheberrechten genauer hin
zu sehen. Denn auf Grund der gängigen Praxis schaffen wir einen Raum,
der juristisch schwer zu fassne ist, bzw. wo juristische Realität und
menschliche Praxis auseinander driften. Die Antwort darauf muß eine
juristische sein: Eine Regelung, eine Lizenz, die eben jenes Kopieren
und weiterverarbeiten ausdrücklich erlaubt. Unter Beachtung der
Restriktionen dieser Lizenz - ungeachtet der Person des Autors.
Sprich: Der Autor selbst, der bei allen Schöpfungen vorne steht,
tritt nun mehr in den Hintergrund: Er wird unwichtig. Alleine sein
Werk ist es, das Bedeutung hat - und meist erst dadurch zu richtiger
Bedeutung kommt, daß das endgültige Werk eine
Gemeinschaftsproduktions der Community wird, evtl. auf seine
ursprüngliche Initiative hin.

> Im Internet kann man (zumindest im engen Sinne) nicht von Plagiaten
> sprechen, weil die Texte dort (anders als Facharbeiten oder
> Seminararbeiten) nicht benotet werden und sie auch nicht (anders als
> Dissertationen oder gar Habilitationen) Voraussetzungen für eine
> akademische Karriere sind. Im akademischen Bereich sind Plagiate
> daher aus gutem Grund verboten - aus dem gleichen Grund, aus dem
> Doping im Sport verboten ist. Innerhalb der wissenschaftlichen
> Konkurrenz stellen sie so etwas wie mogeln dar. Aber außerhalb des
> akademischen Bereiches kann man Plagiate aus diesem Grund gar nicht
> verbieten. Im übrigen wäre zu fragen ob das mit der Konkurrenz
> eigentlich eine so gute Idee ist - ob die hohe Anzahl an Plagiaten im
> wissenschaftlichen Bereich ein Indiz dafür ist, dass hier etwas nicht
> stimmt.

Das ist richtig. Wir haben es hier mit vielen Internettexten mit
einer neuen Klasse von Werken zu tun - etwas, das es vorher nie gab:
Werke, bei denen der Autor völlig irrelevant ist. Somit müssen nicht
seine Rechte geschützt werden, sondern "nur" der Mißbrauch des Werkes
verhindert werden.

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