Diese Ergebnisse stehen allerdings unter einem Vorbehalt: Wird Erdgas noch knapper als bisher, dann dürfte die Wirtschaftsleistung weiter schrumpfen.
Mal kurz überschlägig gerechnet:
Die Erdgasspeicher sollen aktuell zu etwa 91% gefüllt sein. Das gesamte Erdgas-Speichervolumen (bei 100%) beläuft sich auf 23 Mrd. Kubikmeter Gas, was etwa 240 Mrd. TWh entspricht, also gut 25% des Jahresverbrauchs 2021 (Quelle: https://erdgasspeicher.de/erdgasspeicher/gasspeicherkapazitaeten/ ).
Der Jahresverbrauch 2021 betrug rund 1.000 Mrd. TWh (Quelle: https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/monatlicher-erdgasverbrauch-deutschland/ ), mit einem Peak in den Wintermonaten von November bis April, also 6 Monaten, von jeweils über 100 TWh pro Monat.
Mit Rußland als Hauptlieferanten verliert Deutschland je nach Quelle über 50% der Gasimporte, wobei die Importmengen im Winter um gut 40-50% über den Sommer-Monaten liegen (Quelle z.B.: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Aussenhandel/Tabellen/erdgas-monatlich.html ). Ersatzlieferungen im nennenswerten Umfang hat es bislang nicht gegeben und sind allenfalls mittelfristig (4-5 Jahre) zu erwarten, wobei die Importausfälle nicht annähernd vollständig ausgeglichen werden. Da Rußland eine Pipeline nach China baut (finanziert mit den Übergewinnen aus dem Gasboykott), ist davon auszugehen, daß Rußland als Gaslieferant dauerhaft wegfallen wird. Dazu passt, daß Nordstream 1&2 als kurzfristiger Rettungsanker aktuell auch nicht mehr zur Verfügung steht.
Dieses zusammen genommen wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu
führen, daß je nach Wetter die Gasspeicher im Verlauf des 1. Quartals 2023 leer sein werden. Selbst wenn man von 20% Gasersparnis ausgeht, werden die Gaslieferungen in 2023 nicht ausreichen, den Gasbedarf zu decken und auch noch die Speicher aufzufüllen.
Vor diesem Hintergrund und den sonstigen Schwierigkeiten/Herausforderungen erschließt sich mir nicht, wie die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Prognose auf einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr um lediglich 4 Promille kommen.
Die Gas-Versorgungslage wird sich mittelfristig nicht signifikant verbessern, d.h. die bestehende Gasmangellage wird von Dauer sein, m.a.W. gibt es auf Jahre hinaus bei weitem nicht genug Gas für alle und auch noch für die Wiederbefüllung der Speicher. Entsprechend hoch werden die Preise sein und damit verbunden wird die De-Industrialierung vorangetrieben, wobei die KMU und Regionen, die nicht ins Ausland fliehen können wie Schwedt als erstes dran sind. Als nächstes folgen dann die Schwerindustrie (s. Arcelor Mittal) und die Grundstoff-Chemie (s. K+S), die in Ermangelung nennenswerter Standortvorteile Deutschland fluchtartig verlassen werden. Die damit verbundenen Preiserhöhungen werden sich dann wie ein Rattenschwanz durch die Lieferketten ziehen. Das wird Kaskadeneffekte haben, die heute noch niemand im Ansatz vorhersagen kann. Das alles bekommt man für lediglich 4 Promille BIP-Schrumpfung.
Diese Durchhalte-Parolen kennen wir noch von Corona. Wellenbrecher-Lockdown zur Rettung von Weihnachten (Weihnachtsbeleuchtung aus zwecks Energie-Einsparung), einmal noch bis Ostern ausharren (die Heiz-Periode ist dann vorbei). Nein, meine Herren, 2023 geht es erst richtig los, und das wird sich dann jahrelang hinziehen, wo denn einfach mal nichts verkauft wird.