Reinhard Pohl schrieb am 11.08.2024 14:03:
Mit dem Angriff von 2014 ging aus Russland ein Risiko ein, denn Russland wusste nicht, dass die Ukraine in Wirklichkeit nur 5.000 Soldaten hatte und praktisch nichts gegen den Angriff machen konnte.
Das nächste Risiko ging Russland 2022 ein. Nach den Erfahrungen des "kleinen Krieges" kalkulierte Putin mit einem Blitzkrieg von höchstens zwei Wochen, bekanntlich war die Siegesparade in Kiew für den 8. März geplant – und der Angriff auf die republik Moldau für den 15. März 2022.
Mit dem Rückzug im Norden und dem zweiten Angriff nach Ostern 2022 auf den Donbass ging Russland ein unkalkulierbares Risiko ein, denn inzwischen hätte Putin wissen können, dass die Ukraine inzwischen eine ausgebildete Armee mit modernen Waffen hat. Und: Die Ukraine ist nicht so von Korruption durchfressen wir Russland und seine Armee, auch wenn die Ukraine einzelne Fälle von Korruption aufdecken konnte.
Mit der Entscheidung von Putin, statt der anfänglich 200.000 Soldaten jetzt mehr als 700.000 Soldaten gegen die Ukraine einzusetzen, riskiert Putin alles. Denn die Niederlage, die sich abzeichnet, kann zum Zerfall des Staates führen. Schon jetzt sind die Zahlungen an die Regionen in Russland zu mehr als der Hälfte eingestellt worden, weil Putin einfach die Mittel nicht mehr hat. Der nächste Schritt ist dann, dass Regionen sich abspalten.
Keine Ahnung, woher Sie Ihre Informationen beziehen.
Die Zahl 5000 bezweifle ich dann doch stark. In der Realität haben sich 2014 nach dem Anschluss der Krim an Russland Vierfünftel der ukrainischen Streitkräfte auf der Krim der russischen Armee angeschlossen.
Nach einem Feindbild und gegenseitigem Kampf sah das ganze damals ohnehin nicht aus.
Im Donbas kämpften auf ukrainischer Seite vorrangig nationalistische Freiwilligenverbände. Die normalen Wehrpflichtigen entzogen sich bereits damals massenhaft dem ukrainischen Wehrdienst, weil sie nicht gegen ihre eigenen Landsleute im Osten kämpfen wollten.
Alles in Allem dürfte das Risiko für Putin damals überschaubar gewesen sein.
2022 wollte Putin, dass die Ukraine im Donbas in die Falle tappt und ihrerseits den Donbas zuerst angreift, ukrainische Militärverbände standen dort in erheblicher Größenordnung bereit.
Den Gefallen hat die Ukraine Putin nicht getan, so dass er selbst auch die letzten Skrupel über Bord geworfen hatte und selbst angriff.
Sie haben insofern recht, dass die Ukraine zu dem Zeitpunkt bereits vom Westen ausgebildet und bewaffnet war. Also keine Pappkameraden.
Was ich bezweifele sind die Kriegsziele.
Ich nehme mal an, dass man verschiedene Pläne hatte. Kiew zu erobern wäre wünschenswert gewesen, aber das Minimalziel war die Eroberung der Landverbindung zur Krim und des Nord-Krim-Kanals. Das Ziel hat Putin-Russland erreicht.
Ihre Schlussfolgerungen decken sich auffällig mit den Wünschen anderer westlicher Analysten, die von einer Zerstückelung Russlands träumen.
Daran glaube ich nicht. Spätestens jetzt verfängt die Erzählung, dass Russland vom Westen angegriffen wird. Das schweißt in Russland eher zusammen, als das es für Veränderungen sorgt.
In diesem Sinne ist die Kursk-Offensive kontraproduktiv.
Putin gehört vor ein Gericht, wegen Führens eines Angriffskrieges mit inzwischen hunderttausenden Toten und Verwundeten.
Nur wer sollte ihn zur Verantwortung ziehen, wo andere Kriegsherren mit noch mehr Toten auf dem Gewissen ebenfalls noch frei herumlaufen?