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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Gemeintes

An der Formulierung "sich klipp und klar von Antisemitismus distanzieren" ist genau eines problematisch - Habecks Verständnis von 'Antisemitismus'. Seine Rede lässt erahnen, dass er den Begriff maximal weit fasst und so genannten 'Israel-bezogenen Antisemitismus' inkludiert. In der Praxis das faktische Verbot, das Handeln des israelischen Staates zu kritisieren. Es ist mittlerweile üblich geworden, das Gras wachsen zu hören und einzelnen Aussagen (im linguistischen Wortsinn) eine Pragmatik zu unterstellen, die die einzelne Aussage explizit nicht hergibt. Da wird dann auf ein angeblich 'Gemeintes' rekurriert.

Nicht, das man in Abrede stellen könnte, dass verklausuliertes Sprechen, Sprechen in uneigentlicher Weise, von der die Eingeweihten wissen, was es im Klartext bedeuten soll nicht vorkäme. Natürlich gibt es das, wird das praktiziert. Gerade bei sensitiven Themen, in der Aussagen schnell die Grenzen der je definierten Legalität berühren können, ist das wohl nicht unüblich. Darauf aber mit einer allgemeinen Kriminalisierung zu reagieren, buchstäblich bei jedem Sprecher die verbale Anerkennung verbaler Aufrichtigkeit, Authentizität zu verweigern, sogar wenn dieser nochmals so explizit wie nur möglich nachdoppelt, wie es in Deutschland gerade praktiziert wird und wie Habeck das in seiner Rede zu legitimieren versucht hat, ist eine Form von Autoritarismus, mithin das genaue Gegenteil dessen, was der Redner angeblich durch alle Böden verteidigt. Mit diesem Ansatz wird die Meinungsfreiheit, die freie Rede überhaupt erstickt.

Und nein, das ist keine hochgestochene Version von 'das wird man doch noch sagen dürfen'. Gewisse Aussagen gehören sich in der Öffentlichkeit nicht, verbieten sich. Aber man muss sie schon an ihrer Wortwahl konkret erkennen können, sonst wird das hypertroph - was es in Deutschland, mit dem prekären Hinweis auf eine ewige deutsche Staatsraison, von der man sich fragt, wo die war, als in vielen deutschen Ministerien noch jahrzehntelang ehemalige NSDAP-Mitglieder sich tummelten, einer wurde sogar Kanzler, nun eindeutig ist.

Es muss z. B. möglich sein, die israelischen Bombardierungen eines kleinen, hermetisch abgeriegelten Gebietes, in dem Millionen Menschen leben, Autochthone, massiv zu kritisieren, ohne mindestens gezwungen zu sein, Verbrechen einiger der Bombardierten zu erwähnen. Da bekanntlich kein Verbrechen ein anderes legitimiert. Die ministeriale Rede klingt nicht wie ein Placet dafür, sondern wie die Rechtfertigung der praktischen Behördeneaktion auf Israelkritik auf deutschem Boden.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (07.11.2023 16:28).

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