Ansicht umschalten
Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Völkerrechtlich ist die Krim russisch

Das mag ja alles so sein, ist aber völkerrechtlich völlig belanglos. Das Völkerrecht enthält keine Regelungen, die es erlauben Grenzen anhand von Friedensverträgen von 1792 (man könnte auch sagen: willkürlich) gewaltsam zu korrigieren. Da hätten wir gerade in Europa einiges vor uns, wenn das der Maßstab wäre.

Der Versuch der Änderung des völkerrechtlichen Status durch eine Angriffshandlung ist auf jeden Fall völkerrechtswidrig, weil er einen Verstoß gegen das Gewaltverbot darstellt. Die einschlägige Definition einer Angriffshandlung findet sich in der UN Resolution 3314 von 1970 in Art. 3 Abs. e:

"[Als Angriffshandlung gilt] der Einsatz von Streitkräften eines Staates, die sich mit Zustimmung eines anderen Staates auf dessen Hoheitsgebiet befinden, unter Verstoß gegen die in dem entsprechenden Abkommen vorgesehenen Bedingungen ..."

Die Ukraine und Russland hatten erst 2010 ein neues Stationierungsabkommen für die Krim abgeschlossen, das den Bestand der Marinebasis Sewastopol für die nächsten 32 Jahre sicherte. Damit hat Russland den Status der Krim als Bestandteil der Ukraine selbst anerkannt und sich außerdem in dem Abkommen zur Achtung der territorialen Integrität der Ukraine verpflichtete. Nur vier Jahre später setzte Russland die stationierten Einheiten gegen die Ukraine ein.

Auslöser dafür war nicht die plötzliche Besinnung auf einen Friedensvertrag von 1792 oder ein antiukrainischer Volksaufstand auf der Krim. Es waren die politische Veränderungen in der Ukraine nach dem Euromaidan, die Kräfte an die Macht brachten, die den russischen Einfluss eindämmen und die Ukraine in die EU führen wollten, die Russland um seinen Einfluss fürchten ließen. Russland hat aber keinen völkerrechtlichen Anspruch auf eine russlandfreundliche Regierung in seinen Nachbarländern.

Alle Referenden, Umfragen, Wahlen und Verfassungsänderungen, die nach der Besetzung 2014 passiert sind, sind bedeutungslos. Genauso hat das die UN-Generalsversammlung 2014 auch gesehen und die Annexion der Krim in Resolution 68/262 mit 100 gegen 11 Stimmen als Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine bezeichnet.

So paradox das klingt: der einzige Weg für die Krim als Bestandteil Russlands anerkannt zu werden führt über eine Rückgabe an bzw. Rückeroberung durch die Ukraine. Erst das würde die Möglichkeit für Verhandlungen über eine Autonomie eröffnen. Jede Anerkennung des derzeitigen Status würde auf die Belohnung einer Angriffshandlung hinauslaufen und wird deshalb unterbleiben. Beispiele dafür (Nordzypern, Westbank ...) gibt es genug.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (22.11.2022 18:04).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten