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  • Umweltfreund82

mehr als 1000 Beiträge seit 01.12.2023

Re: Die Jugend ist gespalten.

Flake schrieb am 28.05.2024 21:38:

Ich teile deinen Unmut, so wie wohl viele. Allerdings leben wir älteren in einer anderen Lebenswirklichkeit als die jüngeren.

Das möchte ich nur teilweise unterschreiben. Für meinen Vater, relativ frisch in Rente, mag das zutreffen, dass er eine andere Lebenswirklichkeit hat als die heute jungen Menschen. Er wohnt im abbezahlten Haus, durfte bereits mit 63 abzugsfrei in Rente (weil >45 Arbeitsjahre) und erfreut sich bester Gesundheit. Meine Mutter muss noch bis 2026 und wird dann mit leichten Abzügen in Rente gehen. Deren Perspektive ist soweit sicher, dass es bis zum Lebensende noch reichen wird.

Aber schon meine Generation hat eine völlig andere Perspektive. Der Lohn reicht nicht zum Eigentumserwerb. Meine Eltern haben sich das Haus MIT Kindern leisten können, meine Frau und ich könnten uns kein Eigentum leisten, selbst OHNE Kinder nicht. Unsere Rente wird kaum über der "Respektrente" liegen, auch wenn ich formal mit Eintritt ins Rentenalter 50 Jahre gearbeitet haben werde.
Die "normale" Perspektive eines Erwerbstätigen in diesem Land -sollte- sein, dass man sich im Laufe der 45 Jahre Eigentum erarbeitet und eine sichere staatliche Rente erhalten wird. So wie eben die eigenen Eltern auch. Aber wir wissen, wie die Realität ausschaut: "Wohlstand wird uns vorenthalten".

Für einen jungen Menschen stehen die Chancen noch schlechter: "wir" können wenigstens noch uns vor einem drohenden Krieg drücken, weil "zu alt". Aber in den 2000 bis 2010ern geborenen dürfen sich auch noch Sorgen machen, ob sie nicht eines Tages in eine Uniform gesteckt in den Krieg geschickt werden. Zu all der schlechten Perspektive, die wir ohnehin schon haben, kommt auch noch die Chance auf einen "großen Krieg". Die Friedensdividente ist längst vervespert, die heute jungen Menschen müssen die Schulden auch noch abarbeiten. Bei solch einem Ausblick wundert mich nichts mehr.

Wir sind in die größten Katastrophen noch langsam hineingewachsen. Darum verhalten sich die meisten Erwachsenen so, als gäbe es den Klimawandel und die zunehmende Umweltzerstörung nicht. Ganz im Gegenteil, wir haben es erlebt, dass es bei uns sauberer wurde. Das der Dreck jetzt in China und Indien durch den Schornstein geblasen wird, wissen wir zwar, aber es ist nicht unsere Lebenswirklichkeit.

Das ist, denke ich, unrichtig. Den Klimawandel gibts - weil es ihn schon immer gab. Aber er ist keine Katastrophe. Als ich vor 25 Jahren noch in die Schule ging, waren ausschließlich Umweltzerstörung und Raubbau ein Problem, genauso wie der steigende Ressourcenhunger. Die einzelnen Fossil-Peaks (Öl, Gas, Kohle) lagen zwischen 30 und 200 Jahre in der Zukunft. Schon damals wussten wir, dass "Braunkohletagebaue" ganze Landschaften zerstören und dass für Edelmetalle, Seltenerden usw. mit chemischen Trennmethoden riesige Areale kontaminiert werden. Es gab schon damals Kinderarbeit und Ausbeutung in Minen oder in der Landwirtschaft, den Urwalt hat man schon damals in Brasilien & co abgeholzt und das Ozonlock wurde aufgrund der Verwendung von FCKW größer.
Und: damals haben wir gelernt, dass wir am Ende einer Eiszeit leben und die Erwärmung natürlicher Prozess ist, weil auf eine Eiszeit eine Warmzeit folgen muss.

Keines der damaligen Probleme, mit Ausnahme von FCKW, ist in irgendeiner Weise gelöst worden. Der Raubbau ist schlimmer geworden. Urwälder werden immernoch abgeholzt, aktuell u.a. in Zentralafrika, um an das begehrte Kobalt zu kommen. Seltenerden werden noch intensiver aus der Erde geholt, weil wir noch viel mehr Elektronikartikel verwenden. Die Produkte sind nicht nur kurzlebiger geworden, sondern sind nach wie vor nicht vollständig recycelbar. Obendrein wachsen die Müllberge nur deshalb nicht mehr in Deutschland oder Europa, weil man alles mögliche exportiert und auf riesige Deponien in fremden Ländern verbringt: bis vor kurzem wurde Kunststoffmüll nach China exportiert und nach wie vor landet Schrott-Elektronik auf Müllbergen in Afrika.

In other words: wir werden gewaltig verar***t - und dafür auch noch zur Kasse gebeten. Den Widerspruch, dass Umweltschutz, Klimapolitik und Krieg nicht zusammengehen, muss ich nicht näher erläutern.

Für die Jugend ist das anders. Sie sind mit dem Klimawandel und der Umweltdiskussion aufgewachsen. Darum sind für sie diese Probleme gegenwärtiger als ein möglicher Wohlstandsverlust. Das ist mit ein Grund, warum wir immer aneinander vorbeireden.

Glaube ich nicht mal. Es ist eher eine Frage der Erfahrungswerte, siehe oben.

Mit 20 meint man, die Welt verändern zu können.
Mit 30 merkt man, wie wenig man bewirken kann.
Mit 40 fängt man ein Stück an zu resignieren.
Was danach kommt, kann ich nur spekulieren, weil ich so alt einfach noch nicht bin.

Der Klimawandel - ich kanns halt nicht oft genug wiederholen - war schon immer Teil der Erdgeschichte. Und wer sich damit befasst, weiß auch, dass die Menschheit mindestens vier oder fünf Eiszeiten überstanden haben muss, d.h. erheblich stärkere Klimaveränderungen erlebt hat, als was uns gerade in den nächsten 500 bis 1000 Jahren bevorsteht. Ich sehe keinen Grund für Panik beim Klima, sondern schaue mit Besorgnis auf die wachsende Population, auf den steigenden Ressourcenbedarf und zugleich schwindenden Wohlstand.

Für keines dieser Probleme gibt es Lösungsansätze. Statt dessen kriegen wir Symbolpolitik und Pseudoprobleme präsentiert: Symbolpolitik, die bestenfalls wirkungslos ist, schlimmstenfalls aber teuer und die Taschen von Geschäftemachern füllt. Und Pseudoproblemne, die "gelöst werden wollen", aber im besten Falle nur Kosten verursachen, im schlimmsten Falle aber die Gesellschaft spalten - wie beispielsweise die Gender-Thematik.

Eine Jugend, die das trotz fehlendem Erfahrungsschatz sieht, ist eine Bereicherung für die Gesellschaft, weil sie vielleicht die Kraft haben wird, die Probleme anzugehen, die tatsächlich einer Lösung bedürfen. Es ist zugleich ein vernichtendes Zeugnis für meine Generation, wenn wir uns mit Pseudoproblemen aufhalten statt die realen Themen anzugreifen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.05.2024 01:01).

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