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  • Raumflieger

397 Beiträge seit 12.08.2024

Zeitpunkt falsch gewählt & die Falschen treten zurück

Die Doppelspitze der Grünen tritt also zurück. Lang und Nouripour werfen die Brocken hin nach den desaströsen Landtagswahlen im Osten der Republik. Da soll doch einer mal sagen, Wahlen bewirken nichts.

Das Problem ist nur: Ricarda Lang noch Omid Nouripour sind nicht ursächlich Schuld, sondern Bauernopfer. Die zwei mögen wenig Sympathiepunkte eingeheimst haben und taugen auch wenig als Zugpferde der Grünen, haben aber gleichzeitig auch sehr wenig Anteil am Vertrauensverlust der Partei. Da müsste man schon bei Baerbock und Habeck anklopfen - aber bevor die zwei gehen, wird wohl auch Özdemir seinen Posten räumen müssen.

Natürlich muss sich die Spitze Fragen gefallen lassen, warum die Grünen eine Klatsche nach der anderen kassieren. Und natürlich gibt es Antworten auf diese Frage, auch wenn man die bislang bewusst nicht hören wollte. Die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben jedenfalls für historische Tiefschläge gesorgt, aus gleich zwei Landtagen flogen die Grünen raus, im dritten sitzen sie nur noch in gerade so drin, nachdem sie gut 2/5 ihrer Stimmen zur letzten Landtagswahl eingebüßt hatten.
Dabei muss man allerdings dazu sagen, dass die Grünen im Osten der Republik traditionell einen schwereren Stand haben und auf dem Land weniger stark unterstützt werden wie in urbanen Räumen. Die dramatischen Entwicklungen waren auch absehbar - und hätte man entgegenwirken wollen, hätte es nicht ausgereicht, die Doppelspitze zu schassen.

Das eigentliche Duo Infernale ist auch paritätisch besetzt und sind MdB: Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck. Dass die beiden einflussreichsten Ministerien ausgerechnet an die Grünen gefallen sind, ist sicherlich kein Zufall gewesen bei der Konstituierung der Ampel-Koalition. Traditionell ist das Außenministerium höher angesehen und Garant für eine hohe Zustimmungsrate des verantwortlichen Ministers. Außer, der Außenminister ist Frau Baerbock.
Das Wirtschaftsministerium ist eigentlich auf einer Stufe mit dem Finanzministerium zu sehen, aber hat angesichts der wirtschaftlichen Lage aktuell eine höhere Gewichtung, während der Finanzminister vor allen Dingen nur den Mangel an Budget verwalten kann. Das gibt Habeck, der auch Vizekanzler ist, deutlich mehr Gestaltungsraum als Lindner, der die Finanzen verwaltet und einen verfassungsgetreuen Haushalt vorweisen muss.

Weder Habeck noch Baerbock haben die nötigen Qualifikationen oder Kompetenzen, ihre jeweiligen Ministerien im Sinne von Grundgesetz, Vereidigung und gesellschaftlichem Interesse zu führen. Im Falle von Frau Baerbock wäre schon längst ein Rücktritt fällig, da sie als oberste Diplomatin das Gesicht dieser Bundesrepublik im Ausland darstellt (noch vor dem Bundespräsidenten!) und wiederholt durch blamable Äußerungen aufgefallen ist, die auch das Ansehen der Bundesrepublik beschädigt haben.
Und Habeck, der ja als Wirtschaftsminister zumindest grob Ahnung haben sollte von Volks- und/oder Betriebswirtschaft, ließ sich u.a. zum Satz hinreißen "Unternehmen gehen nicht insolvent, wenn sie ein paar Monate nichts verkaufen." Der Satz allein zeigt, wie wenig geeignet der Mann für den Job ist. Mit dem Habeck'schen Sanierungsgesetz hat er sich auch wenig Freunde gemacht und ob er wirklich in der Lage ist, die Energiewende in geordnete Bahnen zu lenken ... ich weiß nicht. So ganz ohne technischen Hintergrund wird's schwierig.

Für mich hätten eigentlich Baerbock und Habeck zurücktreten müssen, nicht aber unbedingt Lang und Nouripour. Denn die Spur der größten politischen Schäden in den letzten fast drei Jahren führt immer in eines der beiden Ministerien: entweder Außenministerium oder Wirtschaftsministerium. Hier scheint das Zentrum politischer Inkompetenz der Grünen zu liegen und wird noch ergänzt durch Kapazitäten wie Herrn Hofreiter. Wenn also zurückgetreten werden müsste, dann lieber die beiden genannten MdB.

Nur: rettet das die Grünen? Wohl kaum. Denn die Grünen haben sich schlichtweg zu weit von ihren Idealen entfernt und viel Vertrauen verspielt. Meine persönliche Einstellung ist: wer die Umwelt schonen will, muss Pazifist sein. Die Grünen sind aber Teil der Transatlantikbrücke und unterstützen aktiv NATO-Politik. Von der Basis fehlt jede (medial wahrnehmbare) Kritik am Kurs, den diese Partei eingeschlagen hat. Wenn also schon in der Basis der Umgang mit NATO und Kriegsbeteiligung unkritisch ist, wie soll dann die nötige Erneuerung hin zu einer Umweltpartei gelingen? Da gehört aber angesetzt.

Der Rücktritt von Lang und Nouripour kommt auch zur Unzeit: zwar passt der Rücktritt zeitlich zu den verkackten Wahlen, aber die Begründung halte ich für falsch, weil die beiden genannten wie eben gezeigt den geringsten Anteil an den Verlusten tragen. Das jetzt die beiden Kapitäne das sinkende Schiff verlassen, wird keinen positiven Effekt auf die Steuerung bzw. Strategie der Partei haben. Im Gegenteil: der Verlust der Doppelspitze wird erstmal für Machtkämpfe im Inneren der Partei sorgen, welche wiederum sich negativ nach außen auswirken werden. Wenn die Grünen also 2025 nochmal gewählt werden wollen, müssen sie nicht nur bis dahin ihre Spitze neu aufgebaut haben, sondern auch noch Vertrauen durch eine neue Strategie gewinnen. Die aber wiederum kann nicht gefunden werden, wenn die ursächlichen Problembären noch immer MdB spielen dürfen.

Also es bleibt vertrackt.

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