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  • Porcupine17

mehr als 1000 Beiträge seit 14.07.2012

flexible response versus massive retaliation

Das Ausweichen auf konventionelle Sprengstoffe war allerdings nicht vollständig durchdacht. Während die massive retaliation - das nukleare Gleichgewicht des Schreckens - zu Stabilität führte, machte die flexible response Kriege wahrscheinlicher, da man einen Krieg, den man überleben kann, eher beginnen wird als einen verlängerten Selbstmord.

Diese Logik hat aber eine gefährliche Lücke, denn ein Krieg wird tatsächlich nicht vom Angreifer ausgelöst sondern vom Angegriffenen der sich entscheidet sich zu wehren. Wehrt sich der Angegriffene nicht gibt es keinen Krieg. Jemand (Clausewitz?) hat es mal zynisch auf den Punkt gebracht: "Der Aggressor ist immer der friedliebende, denn er will sein Ziel am liebsten ohne Kampf erreichen".

Damit liegt das Dilemma jetzt beim Verteidiger: wenn er nur die Option der "Massive Retaliation" hat hat der Option entweder sich zu wehren und dabei einen verlängerten Selbstmord zu begehen oder sich nicht zu wehren und dem Aggressor alles kampflos zu überlassen. Und da stellt sich dann die Frage für den Verteidiger "Ist es das wirklich wert?"

Natürlich wird sich ein Staat (oder Volk) wenn es seine Existenz bedroht sieht mit allen Mitteln wehren. Aber was wenn es nicht um die Existenz geht sondern nur um etwas dessen Verlust man vielleicht akzeptieren könnte? Dies war z.B. das Kalkül der Argentinier als sie die Falklandinseln überrannten, sie waren sich sicher das die Briten
1. Konventionell nicht in der Lage waren die Inseln zurückzuerobern
2. Keine Nuklearwaffen einsetzen würden - nicht wegen der Falklands

Ergo legte sich Argentinien mit einer Nuklearmacht an welche das Land ohne Probleme pulverisieren konnte - fest darauf bauend das die Gegenseite es schon nicht tun würde. Diese Vabanquespiel ging nach hinten los. Das gleiche Problem führte auch zum Ausbruch des 2. Weltkrieges. Die deutsche Führung war zwar der Meinung sich einen Krieg mit F und GB nicht leisten zu können, war sich aber ebenso sicher das es diesen Krieg nicht geben wird - nicht 1939, nicht wegen Polen.

Als John F. Kennedy ins Amt kam fragte er die US-Militärs nach ihren Plänen für eine Reihe von Szenarien wie z.B. "Was machen wir wenn die Russen Westberlin besetzen?" Die Antwort der Militärs war immer dieselbe "Massive retaliation!" - "Die Vernichtung der USA wegen Westberlin?". Verständlich das Kennedy Alternativen haben wollte.

Einzig auf die massive retaliation zu setzen, also "Alles oder Nichts" macht die Welt nicht sicherer, es verleitet zum Vabanquespiel und wenn das schief geht weil sich der nächste Gröfaz verkalkuliert ist Ende. Und früher oder später wird sich jemand verkalkulieren....

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