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Re: Deutsche Politik in a Nutshell: (Inside)

braeutigam schrieb am 04.01.2024 11:31:

Naja. Wenn eine Koalition möglich ist, wollen genug Wähler die Grünen, um eine Koalition zu ermöglichen. Wobei das natürlich eine gefährliche Argumentation ist. Genauso kann man halt auch argumentieren, dass die AfD den Regierungsauftrag haben sollte, wenn sie genug Wähler dafür haben.

Laut Grundgesetz bzw. Landesverfassung ist eine Parlamentsmehrheit für eine Regierungskoalition nicht erforderlich. Es ist also möglich, eine von der Opposition geduldete Minderheitsregierung zu konstituieren. In Zeiten, in denen man mit Fraktionsdisziplin und Bauchschmerzen allein aufgrund der Parlamentsmehrheit jeden Mist durchdrücken kann, wäre eine Minderheitsregierung die DEMOKRATISCHERE Alternative, weil die Opposition überzeugt werden möchte vom Ansinnen.

Meine alte Sozialkundelehrerin nannte solch eine Situation "konstruktive Demokratie". Es müssen alle zusammenarbeiten um einen Beschluss zu ermöglichen, d.h. Regierung UND Opposition. Übrigens auch vor rund 25 Jahren.

Vor über 25 Jahren hat mein Sozialkundelehrer mir beigebracht: Um Regierungsverantwortung zu übernehmen muss eine Partei regierungswillig und regierungsfähig sein. Als alte Soze hat er damals bei der SED/PDS infragegestellt, ob beides auf diese Partei zuträfe. Damals war das halt die Gefahr für die SPD.

Das ist richtig. Die Regierungsfähigkeit wird aber durch "Selbstdiagnose" bescheinigt. Der Regierungswille wird ebenfalls durch eine parteininterne Entscheidung festgestellt.
Falls also die AfD jetzt sich nicht mehr nur als Oppositionspartei sehen will, sondern den Wille zur Regierungsverantwortung hat und sich selbst die Befähigung dafür ausstellt - welches Korrektiv wirkt dagegen?

Demokratisch betrachtet: das Parlament. Schließlich hat die AfD keine Parlamentsmehrheit ohne Koalitionspartner und keine Partei wird von der Opposition aus der AfD die nötigen Stimmen für eine Minderheitsregierung verschaffen. Und keine Partei will mit der AfD koalieren. Diese Entscheidungen lassen sich demokratisch zumindest begründen, da für all diese Beschlüsse Abstimmungen vorangegangen sein müssen bzw. das Stimmverhältnis im Parlament entsprechend der Wahlergebnisse abgebildet wurde (unter Ausschluss der Nichtwähler und Sonstigen).

Aber rein vom Wille und der Befähigung her diagnostiziert jede Partei für sich selbst, also auch die AfD.

Mal abgesehen, von dieser tiefliegenden Unsicherheit der SPD: Ist denn die AfD sowohl regierungswillig, als auch regierungsfähig? Aufgrund der ganzen Streitereien innerhalb der Partei, die ja nie abgerissen sind, bezweifele ich letzteres. Allerdings ist das nicht der Hauptgrund, warum ich diese widerlichen Rechtspopulisten nicht auf irgendeiner Ebene an der Macht sehen will. Weder in irgendeinem Dorfgemeinderat, noch auf Bundesebene oder irgendwo dazwischen.

Warum eigentlich?

Die AfD hat uns nicht in einen Krieg gezerrt, der uns schon rein aus Selbsterhaltungstrieb heraus nichts anzugehen hat*. Die AfD hat uns nicht zu Feinden de Russen gemacht, die AfD hat keine Sanktionen in den friedlichen Jahren zuvor angeordnet. Die AfD hat auch keine Zwangssanierungsgesetze auf den Weg gebracht und die AfD ließ auch nicht während der Corona-Zeit mit an Notverordnungen erinnernde Gesetze regieren. Die AfD veranlasste keine Richter zu politischen Urteilen gegenüber "Corona-Gegnern" und ließ auch keine Polizisten Ärzte verhaften, die eidgemäß gehandelt haben.

Das sind alles Punkte, die mir aber zu den etablierten Parteien einfallen, nur allein in den letzten vier, fünf Jahren. Wieviel Distanz gibt es noch zum teilweise rechtsradikalen Gedankengut innerhalb der AfD angesichts der Politik der Regierungen Merkel und Scholz?

Versteh mich nicht falsch: die AfD wird an dem grundsätzlich traurigen Zustand unserer Gesellschaft nichts ändern. Radikal 3 Millionen Menschen aus dem Land schmeißen ändert ja nichts am kaputten Gesundheitssystem oder an den niedrigen Löhnen. Es löst auch nur bedingt die Gewalt auf deutschen Straßen. Wir haben massive substantielle Probleme, die inzwischen alle Lebensbereiche erfassen: Deutschland ist auf dem Weg zu einem Failed State.

Meine persönliche Lösung? Neustart durch Verfassungswahl unter Ausschluss der aktuellen Parteienlandschaft. Die sind nicht in der Lage, eidgemäß Regierungsarbeit zum Wohle der Gesellschaft zu leisten.

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* der erste Weltkrieg brach auch aus aufgrund falsch verstandener Bündnisverpflichtungen. Aus einer rein internen Sache Österreich-Ungarn wurde nur deshalb ein Weltkrieg, weil Friedrich Willhelm II unbedingt den Hapsburgern zu Hilfe eilen wollte. Hätte er drauf verzichtet, wäre es nicht zum Deutsch-Russischen Krieg gekommen, der dann die Entente auf den Plan gerufen hat.

"Bündnisse sind Mist, wenn man am Ende einen Krieg verliert."
- unbekannter alter weiser Chinese, 500 Jahre A.D. ;-)

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.01.2024 11:55).

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