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  • hrwe

mehr als 1000 Beiträge seit 02.04.2001

Re: Desinformation am praktischen Beispiel

new_nick_new_luck_2 schrieb am 07.06.2024 15:11:

hrwe schrieb am 07.06.2024 13:14:

Na da klingt ja jemand echt gereizt, aber den Leuten gefällt‘s.
Ich wollte eigentlich nur diesen Aspekt einbringen und dich nicht provozieren.

[...]

Was soll der Quatsch mit dem Komitee?
Vielleicht kann man auch sachlich diskutieren.

Der Küchentischpsychologe in mir merkt an: Sieht aus wie ein klassischer Fall von Projektion.

Tja, insofern Projektion, als ich nur so formulieren würde, wenn ich ziemlich gereizt wäre.
Aber die Bräuche sind verschieden.

Mir ist schon klar, dass der Autor im zweiten Teil nur eine Teilmenge nutzt, aber die ist für seine Aussage eben relevanter. Ist vielleicht nicht geschickt geschrieben, aber man kann trotzdem versuchen den Sinn zu verstehen.

Eben ein Fall von Desinformation:

a) Es wird eine Aussage behauptet ([Gesamt-]Kriminalität geht hoch).

Behauptet wird, sie ginge hoch.

b) Es wird zum Widerspruch ein Fakt genannt, der an sich korrekt und wahr ist (Schwerkriminalität geht runter).

c) Aus dem Fakt wird abgeleitet, dass die Aussage in a) falsch ist.

Genau, weil man die tatsächlichen Tendenz der Kriminalität eben nicht an der Gesamtzahl ablesen kann, sondern nur an einem Teil davon mit hoher Konfidenz, z.B. Schwerkriminalität.
Andernfalls müsste man aufwändige Statistik betreiben und die Erfassungsraten für verschiedene Verbrechensarten über die Jahre ermitteln und herausrechnen.

d) Aus c) wird direkt noch die Aussage abgeleitet, dass diejenigen, die a) behaupten, sich vom Gefühl und nicht von wissenschaftlichen Erkenntnissen leiten lassen, und man besser nicht mehr auf sie hören sollte.

Genau

e) Tatsächlich trifft b) aber keinerlei Aussage über a), die Behauptung wird weder widerlegt noch bestätigt, da keinerlei Relationen und Größenordnungen gegeben sind, um die Schwerkriminalität zur Gesamtkriminalität ins Verhältnis setzen zu können.

Ja, das ist hier unvollständig. Deshalb mein Kommentar dazu.

Der Küchentischpsychologe in mir merkt an: b) sieht ein wenig wie ein Strohmann aus.

Kann man unterstellen, muss aber in dem Fall nicht zutreffen.

Warum sollten für „wissenschaftliche Erkenntnisse“ alles gleich behandelt werden, wenn die Statistik mehr hergibt?

Wow, diesen Satz muss man auf sich wirken lassen, und mit "Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" bei einer guten Tasse Tee genießen.

Wie kann man das daraus verstehen?
Ich meinte eben, man kann aus der Gesamtstatistik Untermengen herausgreifen, die über die Jahre eine hohe Konfidenz haben. Die Menge und Signifikanz der Informationen in der Kriminalstatistik sind eben nicht gleich, deshalb kann ich sie auch nicht gleich behandeln.
Das hat nichts mit Fälschung zu tun.

Es sollte dir auch einleuchten, dass bei Morden die Dunkelziffer vermutlich deutlich geringer ist, als bei Taschendiebstählen u. Ä. und sich relativ über die Jahre auch nicht stark ändert.
Bei Kleinkriminalität ändert sich die Erfassungsrate jedoch aus verschiedenen Gründen ständig.
Deshalb kann man daraus keine sichere Aussage zur Kriminalitätstendenz machen.
Hast du meinen Punkt jetzt verstanden?

Keiner hat von Dunkelziffern geredet, wenn wir damit anfangen, dann ist letztlich jede Statistik für die Tonne.

Nein. Statistiken haben verschiedene Zuverlässigkeiten. In wissenschaftlichen Arbeiten wird das auch bei korrekter Arbeitsweise angegeben.

Ein Taschendiebstahl wird bei der Polizei angezeigt => Zähler wird erhöht (unabhängig davon, ob der Fall aufgeklärt und der Täter erwischt wird). Wo genau ist das Problem?

Woher weißt du, wieviel Taschendiebstähle nicht angezeigt werden?
Oder wieviele ein Irrtum sind, weil der Gegenstand verloren wurde?
Bei Schwerverbrechen wird so etwas üblicherweise aufgeklärt.

"Verschiedene Gründe" ist da etwas... wenig konkret. Klingt zwar gut, kann sich jeder sein eigenes Teil bei denken.

"Angeklagter, warum haben Sie das Opfer ermordet?"

Es ging gerade nicht um Schwerverbrechen beim Punkt der Ungenauigkeit.

"Verschiedene Gründe."
"Alles klar, Freispruch."

Verschiedene Gründe für veränderte Erfassungsraten können sein, insbesondere bei kleineren Verbrechen:
- Verbrechen werden mehr/weniger angezeigt, weil die Menschen mehr/weniger an Aufklärung glauben
- Verbrechen werden mehr/weniger angezeigt, weil sich Menschen dafür mehr/weniger schämen, davon betroffen zu sein
- gesetzliche Regeln ändern sich
- das gesellschaftliche Bewusstsein für gewisse Vergehen ändert sich
- moralische Vorstellungen ändern sich
- Menschen fühlen sich durch gewisse Bevölkerungsgruppen bedroht und zeigen diese eher an
- Verbrechen innerhalb gewisser Bevölkerungsgruppen werden weniger angezeigt

Diese Änderungen haben weniger Wirkung auf die Erfassung von Schwerkriminalität, weil die Kriterien klarer und die Konsequenzen schwerer sind.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (07.06.2024 17:51).

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