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mehr als 1000 Beiträge seit 06.04.2004

Stahlgewitter

ich schrieb:

> > Was zum Geier hat hier der "Humanismus" verloren?

Meinesgleichen schrieb:


[als Überschrift]

> Geier Sturzflug

... jetzt wird wieder in die Hände gespuckt ... wir steigern das
Bruttosozialprodukt...


[ZITAT]

Hier ein paar Zitate aus der taz Berlin lokal Nr 7341 v. 23.4.2004,
Seite 28, 64 Kommentar Thomas Winkler:

"Die Geschichte der politischen Popmusik muss umgeschrieben werden.
Nicht Ton Steine Scherben werden in sie eingehen als relevante
Kommentatoren der Geschicke der Bundesrepublik Deutschland, auch
nicht Slime oder Die Fehlfarben... [...] In einigen Jahrhunderten
aber werden Pophistoriker feststellen: Die einzige deutsche Popband
mit wirklicher politischer Bedeutung waren Geier Sturzflug..."

[Zitat ENDE]


> Okay, die Veganer benutzen ein Wort, dass mir vorhin nicht
> eingefallen ist; "Spezieismus" oder so ähnlich. Mir ist der
> Begriffsunterschied zwischen Spezies, Rasse, Klasse oder Geschlecht
> nicht so wichtig.

Meinesgleichen schäm dich! Unterschiede zwischen Begriffen sind
wichtig, wenn auch nicht alle Begriffe voll erstzunehmen sind, wie
"Rasse", "Klasse" oder auch "Geschlecht".  Aber ich nehme meine
Vorwürfe voll und ganz zurück, da du von "Spezieismus" der Veganer
schreibst und nicht mehr von Humanismus.


> Humanismus sehe ich als sekulären Flügel des
> Christentums. "Macht euch die Erde untertan" ist auch im Humanismus
> enthalten, der den Mensch zum Ausgangspunkt nimmt und in dem alles
> andere, was ES GIBT ausgegrenzt wird. Ich esse Tiere und versuche,
> beim Essen den Zwang und die Schmerzen, denen die Tiera ausgesetzt
> waren, nicht zu verleugnen oder zu verdrängen oder zu verharmlosen.

Humanismus ist vor allem das berühmte "Nichts Menschliche sollte mir
fremd sein" und das Gebildetsein bezüglich der klassischen Antike.
Humanismus war schon im klassischen Altertum ein Begriff. Natürlich
spielt für den Humanismus der Neuzeit auch das Christentum eine große
Rolle: vor allem die Ethik des Mittelalters (Schalastik, Spinoza).
Dies legte übrigens die Fundamente, auf der die Aufklärung so
wunderbar bauen konnte! Das kannst du nicht als "säkularen Flügel des
Christentums" abtun, man müßte dies eher als "Frucht" des
Christentums bezeichnen (nicht abstreiten will ich, daß es da noch
ganz andere gibt! Der Realismus z. B.).


> > Außerdem ist es
> > sehr befremdlich, daß du kommentarlos angeblichen Tiermißbrauch (egal
> > welcher Art) mit Rassismus und eben auch Humanismus assoziierst.
> > Willst du hier auf die heute übliche mißbräuchliche Verwendung der
> > Idee des "Humanitären" hinaus?

> Ja, das verstehe ich schon. Manchmal warte ich auf Gemecker und lass
> dann erst die Erklärungen folgen. Aber ich beantworte auch gern
> FREUNDLICHE Fragen, so wie Du sie hier etwa stellst.

[Ach, ich bemühe mich schon pointiert scharf zu sein. Zu was
Wichtigerem:]


> Zu den Menschenrechten muss wirklich viel gesagt werden. Das kann
> hier nur unbefriedigend passieren, ein paar Stichpunkte vielleicht:
> Wie Agamben sehe ich hinter der Entdeckung des nackten Menschen, des
> homo sacer, wie Agamben sagt, die totalitäre Fratze des Souveräns.
> Dann ist es eine Hybris, etwa Krieg gegen Völker führen zu wollen, in
> denen zB Beschneidung Praxis ist oder nicht hinzunehmen, dass es
> islamische Staaten oder einen jüdischen Staat usw. gibt. Sorry, ich
> bin etwas müde wohl und schweife ab...

Das ist zwar etwas sehr assoziativ, aber "I can catch your drift".
Ich habe aber das Gefühl (ohne ihn gelesen zu haben, nur aus dem
Kontext heraus, wie er rezensiert wird), daß Agamben die "totalitäre
Fratze des Souveräns" nicht anprangert und geistig überwindet,
sondern in einem fatalen Schicksalsglanz diese in ihrer ganzen
Irrationalität feiert. In Kontinuität der europäischen décadence z.B.
"Den Zauber am Entsetzen empfindet nur der Starke" (Baudelaire), "Was
uns nicht zerstört macht uns härter" (Nietzsche), etc. Die
Begleitmusik der unglaublichen Unmenschlichkeit des letzten
Jahrhunderts, die die Vermählung von Irrationalismus und Realismus
feierte. "In Stahlgewittern" von Ernst Jünger... [schweif ich ab?]


> > Rassismus ist nicht unbedingt ein
> > Kennzeichen davon! Und daß das mit der Anprangerung der Sitten
> > anderer Völker einhergeht - das habe ich nicht so ganz mitbekommen.
> > Ein Bespiel dafür?

> Die Destruierung von Völkern und Nationen zugunsten des nackten
> Menschen ist nicht im engeren Sinn Rassismus, wenn dann vielleicht
> negativer Rassismus.

Weder positiv noch negativ. In der Tat: das ist kein eigentlicher
Rassismus. Rassismus ist bestenfalls eine alte Ideologie, die die
"Destruierung von Völkern und Nationen zugunsten des nackten
Menschen" damals ermöglicht hat. Eine neue Ideologie, die dies in der
Zukunft leisten könnte, wäre der Humanitarismus (nicht der
Humanismus!). [Mit der Suchefunktion: meinen Nick und Humanitarismus
eintippen, wenns weiter interessiert]


> Doch wie gesagt: mit Rassismus habe ich mich schon lange nicht mehr
> auseinandergesetzt (mit Rassismusvorwürfen allerdings schon...) Wird
> Zeit mal wieder in Ruhe dazu Stelllung zu beziehen.

Ich wäre mir keinesfalls sicher, ob der Rassismus tatsächlich zum
politischen "alten Eisen" gehört. Wahrscheinlich ist dies schon. Auf
jeden Fall ist er eine Schlüsselideologie zum Verständnis unser
näheren Vergangenheit. Es wäre sehr interessant, die Entstehung
dieses Begriffes wissenschaftstheoretisch zu fassen. So hat schon
Immanuel Kant Vorurteile über "Neger" abgeliefert, die ihn zum
Rassisten stempeln könnten. Der Satiriker Henscheidt hat dies
wunderbar durch den Kakao gezogen.


Grüsse,
Otho

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