JohnGeorge24 schrieb am 15.11.2023 19:31:
bin ich nicht einverstanden.
In den USA ist das schon ein Kulturkampf (heute wurde er recht hemdsärmelig) mit Wutbürgern auf der einen und Wokeerweckten auf der anderen Seite. Das kann sehr böse enden und Europa ist auf keiner der beiden Seiten gut aufgehoben. Im State Department und dem Department of Defence vielleicht noch, aber nicht im Kongress.
Unsere Einschätzung dieses Kulturkampfs ist den Amis relativ schnuppe, sie führen den und werden damit wohl auch so schnell nicht aufhören, es gibt ja niemanden, der einen Kompromiss vorschlagen, geschweige denn beiden Seiten schmackhaft machen kann.
Ist aber eigentlich auch egal, die Frage ist eher: Wie sehr wird er die Möglichkeiten der USA für Hilfslieferungen ins Ausland einschränken?
Bisher sind die Auswirkungen eher Fußnoten geblieben - das Beharrungsvermögen der Institutionen hat die Hilfen am Laufen gehalten.
Auf mittlere Sicht werden sie wohl relevant werden. Es weißt aber niemand, in welcher Wahlperiode diese "mittlere Sicht" beginnen wird, das kann in dieser, der nächsten, der übernächsten oder noch einer späteren Wahlperiode sein.
Wenn es dann stattfindet, werden die Folgen für den US-Einfluss in der Welt so katastrophal sein, dass das - wieder mittelfristig - zurückdrehen wird.
Die Unterstützung der Ukraine mit Europa als gleichwertigem und gleichgewichtigem Partner der USA ist möglich, aber wenig wahrscheinlich. Es fehlt gewaltig am Willen. Skandinavien mit Deutschland und den westslawischen Ländern Europas, also Nord und Mitteleuropa, müssten dann schon sehr eng zusammenarbeiten. Ich spreche gerne vom Baltic Europe. Ist das wahrscheinlich ... ?
Die Schweden, Finnen, Balten und Polen unterstützen mit so ziemlich allem, was sie haben. Bezogen auf die Einwohnerzahl oder die Wirtschaftsleistung vermutlich sehr viel mehr als Deutschland oder Frankreich, die allerdings in absoluten Zahlen mit Abstand an der Spitze sind (DE sogar noch mit Abstand vor FR, trotz Scholz-Gezauder). Selbst die Briten liefern einen Haufen, die sind glaube ich an dritter Stelle, vielleicht an vierter.
Missklänge gibt es nur mit den Ungarn, eventuell in Zukunft den Slowenen. Das sind russlandfreundliche Regierungen.
Die können aber nur EU-Hilfen blockieren, und blockierte Hilfen bleiben dann eben in den Nationalhaushalten, und die werden die Hilfen dann halt direkt leisten. EU wär halt schöner und etwas einfacher abzurechnen, aber wenn nicht, geht es halt auch so.
Ich denk nicht, dass das Wollen ein großes Problem ist; es gibt Gegner eine Ukraine-Hilfe, aber die haben wenig Einfluss.
Das Können ist rein finanziell kein Thema. Die Amis geben ungefähr so viel wie die Europäer, wenn die ausfallen, müssten wir also verdoppeln.
DE hat ungefähr 30 Mrd pro Jahr augegeben, das Doppelte wären also 60 Mrd.
Das geht nicht mehr aus der Portokasse, eventuell müsste man sogar die MWSt um ganze 3% erhöhen (die liefert ungefähr 10 Mrd. je Prozentpunkt); die FDP würde schäumen, aber machbar wäre es.
Produktion: Die Rüstungsindustrie zieht ihre Munitionsfabriken in ungefähr einem Jahr hoch; das skaliert für den Krieg in der Ukraine wirklich schnell genug, die Russen kommen nicht so schnell durch die ukrainischen Minenfelder (die Ukrainer haben das auch nicht anders gemacht als die Russen). Panzer und sonstige Fahrzeuge sind also weniger nützlich.
Was den Ukrainern momentan wohl am meisten helfen würde, wäre eine großindustrielle Drohnenproduktion. Die Ukrainer haben viel Erfahrung, können aber unter Kriegsbedingungen nicht so ohne weiteres Großbetriebe hinstellen. (Die Russen haben das wohl schon begonnen und skalieren bereits hoch.) In Deutschland scheitert's wohl eher an Genehmigungen und sowas.
Also. Es gibt Hürden, aber keine unüberwindlichen Hindernisse; wenn der Westen will, kann er der Ukraine den Sieg ermöglichen, und er muss dafür nicht mal sonderlich viel Verzicht üben. Es wird wohl eine Menge Gejammer auf hohem Niveau geben, aber ich denk nicht, dass das am Ende die Entscheidungen trifft.