zum eigenen Machterhalt
Jep, sehe ich auch so. Und ich möchte noch hinzufügen: in Minsk geht's noch halbwegs, aber in der Provinz sind staatliche Betriebe häufig die einzigen Arbeitgeber. Wer da politisch nicht auf Spur ist, fliegt raus und findet nirgendwo mehr einen Job. Und zwar gilt "politisch" nicht nur im Betrieb, sondern überall, auch im Privatleben. Geht sogar soweit, dass in Betrieben die Handys kontrolliert werden, ob da einer "extremistische" Telegram-Kanäle abonniert hat. Ich würde hier ja direkt zum Betriebsrat rennen. Aber in Weißrussland, neeeeeee, gibt's nicht. Die Gewerkschaft ist nur dafür da, Lotterielose und Zeitungen (die kein Mensch liest) zu verkaufen und die Leute zu passend orientierten Demonstrationen zu scheuchen (alles freiwillig, natürlich).
Aber, ein Glück, der neoliberale Ungeist hat sich noch nicht durchgesetzt in Weißrussland.
Mein Schwager musste eine Art Gesinnungsfragebogen ausfüllen. Da wurden so Dinge gefragt, ob er an Demonstrationen teilgenommen hat, wie er zur Staatsmacht steht und ähnliches.
Die Cousine meiner Frau hat von ihrem "Mitarbeitergespräch" berichtet. Nein, die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und die weiteren beruflichen Perspektiven waren nicht das Thema, sondern, ob sie die "staatliche Ideologie" kennt (Anführungszeichen sind hier kein Sarkasmus, sondern tatsächlich ein Zitat).
Und da kommt's auch gar nicht drauf an, ob man wirklich was leistet oder ein gefragter Spezialist ist. Denn Profit ist nicht wirklich Teil des Plans. Bin häufig am Minsker Traktorenwerk vorbeigefahren, ein gigantischer Komplex mitten in der Stadt in geschmackvollen Gelb- und Brauntönen gehalten. Die meiste Zeit ist alles mit himmelblauen Traktoren vollgestellt (Spitzentechnologie der 1970er), die keiner braucht.
Und die Party finanziert im Wesentlichen der russische Steuerzahler, womit wir den Bezug zum Artikel wiederhergestellt haben.