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  • Traktatorist

679 Beiträge seit 17.11.2004

Die Globalisierung als höchstes Stadium des Kapitalismus

Analog zu Lenins Buch "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus", welches ja eigentlich "Der Imperialismus als jüngste Etappe des Kapitalismus" hieß, könnte man die gegenwärtige Epoche als "die Globalisierung als höchstes Stadium des Kapitalismus" bezeichnen!

Ein interessanter Artikel dazu steht hier:
https://disposabletimes.org/2022/04/leben-wir-in-einem-imperialistischen-zeitalter/

Dort wird Robert Kurz zitiert (Das Weltkapital, S. 101):
“Hier wird ein aus der Transnationalisierung des Kapitals entstehender neuer Widerspruch zwischen dem betriebswirtschaftlichen Kalkül und der nationalökonomischen Logik der politischen Administration deutlich: Während letztere auf die nationale Handels- und Kapitalbilanz fixiert bleiben muss, bezieht sich ersteres bereits auf eine ganz andere Ebene, auf der jene Waren- und Kapitalströme, die vom staatlichen Standpunkt aus als Import oder Export erscheinen, sich als betriebswirtschaftliche Binnenbewegung darstellen.”

Die Grundlage des klassischen Imperialismusbegriffes ist aber "eine polit-ökonomische Identität von Staat und Wirtschaft".

Damit ist der Imperialismus tatsächlich eine überholte Zeitepoche, Imperialismus war gestern!

Ergänzent ist an dieser Stelle die Dependenztheorie zu erwähnen.

Diese Theorie besagt, dass den ehemaligen Kolonien eine "stabile, strukturell nachrangige Position" innerhalb der Weltwirtschaft, durch die ehemaligen Kolonialmächte zugewiesen wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dependenztheorie

Es wird auf diese Weise den ehemaligen Kolonien die sogenannte "Nachholende Modernisierung" verweigert, damit diese weiterhin billige Rohstofflieferanten bleiben und sich nicht etwa zu neuen Konkurrenten entwickeln!

Robert Kurz beschrieb diese "nachholende Modernisierung": Den vom Kolonialismus befreiten jungen Nationalstaaten, mit ihren (meist mehr oder weniger staatskapitalistisch organisierten) Entwicklungsregimes, stand niemals eine andere Perspektive auf der Tagesordnung als der Versuch, den industriekapitalistischen Westen nachzuahmen und damit eine nachholende Modernisierung in Gang zu setzen.

Die ehemalige Sowjetunion unterstütze diese Bewegungen insofern sie diese als nützlich empfand. Sie selbst, von Robert Kurz als "staatskapitalistische Entwicklungsdiktatur" bezeichnet, hatte ja auch keine andere Wahl, um mit dem Kapitalismus mitzuhalten. Sie wäre sonst militärisch angreifbar gewesen und wurde ja auch angegriffen.

Der sogenannte Westen, also die durch den Kolonialismus reich gewordenen und sich deshalb am produktivsten entwickelten, ehemaligen Kolonialmächte(die Verschiebungen durch die Weltkriege lasse ich mal weg), wollen nun auch in Russland den erreichten Stand der nachholenden Modernisierung revidieren um einen billigen Rohstofflieferanten zu bekommen.
Diese Hoffnung bestand unter Jelzin, wurde aber durch Wladimier Putin zunehmend verhindert. Deshalb das entstandene neue Feindbild "Putin".
Über China will ich jetzt nichts schreiben, denn dieses Land hat die nachholende Modernisierung vorbildlich durchgeführt und zwar nur deshalb, weil sie konsequent ihren eigenen Weg gegangen sind.

Ich teile also die Einschätzung von Andreas Wehr ausdrücklich: Der Ukaine Krieg ist ein Teil des globalen Nord-Süd-Konfliktes. "Es ist der traditionelle, in Jahrhunderten entwickelte Anspruch des Westens – unter historisch sich einander ablösenden Vormächten - auf Weltherrschaft, auf Kolonisierung und Beherrschung peripherer Gebiete, deren Rohstoffe und Arbeitskräfte sowie Märkte er für seinen Wohlstand glaubt benötigen zu müssen."

Dieser, dennoch furchtbare Krieg, ist also nicht imperialistisch, sondern ein Verteidigungskrieg des kapitalistischen Russlands, für den Erhalt der erreichten Stufe der nachholenden Modernisierung.

Das Problem:
Der Westen, mit seinem, auf Kolonialismus und Ausbeutung begründetem Reichtum, hat eine große Anziehungskraft auf die ehemaligen RGW-Staaten, welche ja selber seinerzeit durch die russische "staatskapitalistische Entwicklungsdiktatur" ausgebeutet wurden.
Den RGW-Staaten wurde die nachholende Modernisierung nur in dem Maße zugestanden, inwieweit diese auch die Sowjetunion stärkten.

Der ,Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe' (RGW) wurde zwar 1949 auf der Grundlage der Prinzipien Lenins gegründet, wobei jeder Staat das Recht hatte, jederzeit aus dem RGW auszutreten, und kein Beschluss gegen den Willen auch nur des kleinsten Staates gefasst werden konnte.
Aber spätestens mit dem Einmarsch in die CSSR verkündete Breschnew die Theorie von der ,beschränkten Souveränität'. Danach gab es kein Selbstbestimmungsrecht der RGW-Staaten mehr.

Ob aber die Ukraine zu Reichtum, Demokratie und Unabhängigkeit, durch eine Aufnahme in die Nato kommt mag bezweifelt werden. Eine Kornkammer wird sie bleiben nur dann bestückt mit US-Militärbasen.

Das kapitalistische Russland wird das aber ebensowenig zulassen, wie die USA die Stationierung russischer Atomraketen auf Kuba 1962 zuließ (Kubakrise siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Kubakrise).
Damals war die Entscheidung des souveränen Kubas völlig irrelevant! Die USA hätten einen Weltkrieg riskiert und ich befürchte es ist gegenwärtig nicht anders.

Die Friedenbewegung hier und in Russland sollte die Gefahr erkennen und hier gegen die Nato und dort gegen den russischen Angriff demonstrieren. Durch Kriege wird die Russische Föderation ihre Modernisierung nicht erhalten können. Aber auch innerhalb der Ukraine wäre eine Friedensbewegung nötig. Aber was geschieht wohl in jedem Krieg mit Kriegsdienstverweigerern und "Wehrkraftzersetzern"?

Sollte bei weiterer Eskalation Russland der Ukraine den Krieg erklären, würde es auch in der Russischen Föderation zu einer Generalmobilmachung kommen. Wie in der Ukraine bestünde dann auch dort für jede Friedenbewegung Lebensgefahr.

So weit darf es nicht kommen! Deeskalation, keine Waffenlieferungen und eine Neutralität der Ukraine sind meines Erachtens die einzig richtigen Schritte zur Vermeidung weitaus größeren Elends!

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