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Avatar von auf_der_hut
  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: einmal mehr

Vielleicht hätte man besser Russland nicht mit so viel Geld zugeschissen und den treuherzigen Versicherungen seiner immerwährenden Friedfertigkeit nicht getraut, als die Fakten längst etwas anderes aussagten.

Die Menschen werden durch russische Waffen getötet und nicht durch westliches Geld.

... aber am Ausgang nichts ändert.

Das ist der Vergleich einer unsicheren Prognose (Ausgang des Krieges) mit einem rein fiktiven Szenario (der Westen lässt Russland gewähren). Das ist pure Kaffeesatzleserei

Es ist ja nicht einmal bekannt, welche Pläne Putin ursprünglich in der Ukraine hatte. Aber vermutlich wollte er nicht nur die Flagge vor dem Rathaus auswechseln. Vielleicht eher so etwas wie https://de.wikipedia.org/wiki/Was_Russland_mit_der_Ukraine_tun_sollte.

Ich bezweifle, dass eine Welt in der Russland einfach sein Nachbarland schlucken kann wirklich friedlicher als das wäre, was wir jetzt haben oder gar als das, was wir vor dem Krieg hatten. Die Vorstellung, die durch den Krieg verursachte Dynamik würde einfach wieder von selbst anhalten ist naiv und von geradezu kindlichem Wunschdenken geprägt, alles könne doch wieder so schön werden wie früher. Die "Zeitenwende" kann weder durch einen russischen Sieg, noch durch eine Niederlage wieder rückgängig gemacht werden. Es wird auch keine Wirtschaftskontakte mehr auf dem alten Niveau geben, nachdem viele Firmen ihre gesamten Investitionen in Russland abschreiben mussten bzw. enteignet wurden. Im Nachhinein erscheinen die Rohstoffe aus Russland so alles andere als "preiswert". Der Fehler war, sich wider besseren Wissens in eine Abhängigkeit zu manövrieren, nicht das Auflösen dieser Abhängigkeit. Dass das nicht mehr ohne Schmerzen möglich war, war eine unvermeidliche Folge der bodenlosen Naivität, z.B. Nordstream als "rein privatwirtschaftliches Projekt" (Scholz) zu betrachten.

Vieles deutet darauf hin, dass Russland sich gerade dauerhaft in einen Militärstaat wandelt. Die beschlossene Aufstockung der Armee auf 1,5 Millionen aktive Soldaten ist so eine Weichenstellung, Russland hat dann die zweitgrößte Armee der Welt (nach China) und den zweitgrößten Anteil von Militär an der Bevölkerung (nach Nordkorea). Wirtschaftlich wird die gewinnorientierte Oligarchie durch eine staatlich gelenkte Kriegswirtschaft ersetzt, bei der die Bedürfnisse der riesigen Armee an erster Stelle stehen, nicht die der Wirtschaft. Es ist wahrscheinlich, dass die Armee, gerade im Falle eines Sieges in der Ukraine, auch innenpolitisch zum entscheidenden Machtzentrum wird, gerade wenn es in ein paar Jahren um die Nachfolge Putins geht. Militärische Überlegungen werden auch Russlands Außenpolitik dann noch stärker bestimmen als heute schon. Es wird einen zunehmenden Druck geben, die enormen Kosten der Streitkräfte durch lukrative Eroberungen wieder hereinzuholen.

Vom Westen wird eine Entscheidung zwischen einer Politik der Stärke und einer Politik der Beschwichtigung verlangt. Gemeinsam ist beiden, dass sie nicht von Vertrauen, sondern von der Angst vor Russland geprägt sind, auch wenn man das bei der "den Bären nicht reizen" - Fraktion nicht so gerne zugibt.

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