Ich habe mich auch schon gefragt, was Prigoschins Freiheit zu bedeuten hat. Er fungiert sicher als Ventil für Frustrationen der russischen Krieger. Diese Funktion erfüllt mehrere Ziele: a. den Generälen den Marsch zu blasen, um sie anzuspornen, b. den Prigoschintruppen ihren ihnen treuen heldenhaften Anführer zu orchestrieren, auf dass ihre Motivation steigt und das Kanonenfutter jemanden hat, wofür es sich zu sterben lohnt, c. kriegsimmanente Kritik zu kanalisieren, dadurch die Leute bei der Stange zu halten, d. den Anschein zu wecken, dass es doch nicht so totalitär zugeht, e. einen zukünftigen volksnahen Präsidenten aufzubauen, der einspringt, wenn es nötig ist, sei es weil der Krieg nicht gewonnen wird (der wahrscheinlichste Verlauf ist ein zermürbender Abnutzungskrieg wie 1914-1918), sei es weil Putin halt sterblich ist. Prigoschins Verhalten erscheint deshalb als systemstabilisierend, sowohl in der Gegenwart, als auch hinsichtlich möglicher zukünftiger Ereignisse.
Ich gehe davon aus, dass Putin und die Geheimdienste/Killerkommandos hinter dieser Strategie stecken. Prigoschin scheint sich jedenfalls recht sicher, dass er nicht zum Schweigen gebracht wird. Wenn eine ihm feindlich gesinnte Seilschaft nicht die Überhand gewinnt, wird er der zukünftige Präsident Russlands, was wohl Systemkontinuität beinhaltet. Womöglich bedeutet Prigoschins Freiheit auch, dass es um Putins Gesundheit nicht gut steht.