Eine Rechtfertigung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine gibt es nicht, aber wenn es Frieden geben soll, dann muss über die Gründe geredet werden. Da hat der Botschafter recht.
Und einer dieser Gründe ist zweifellos der Staatsstreich auf dem Maidan. Weshalb ist es eigentlich nie in Deutschland diskutiert worden, dass es sich überhaupt um einen Staatsstreich gehandelt hat? Und zwar kein Staatsstreich im Sinne einer friedlichen, zivilisationsfördernden Revolution, sondern eine defacto Machtübernahme ultranationalistischer Kreise.
In den Anfängen des Maidan war auch die Bevölkerung des Donbas für einen demokratischen Wandel in der Ukraine. Mit den Rechtsaußen in der ukrainischen Regierung hatte sich der Charakter der Bewegung aber grundlegend geändert. Es ging nur noch um Nationalismus, von beiden Seiten.
Weshalb ist diese Regierungsbeteiligung der Rechtsaußen in Deutschland nie ein Thema gewesen? Wieso wurden die Ängste der russischen Minderheit in der Ostukraine vor den Bandera-Nachfolgern nicht einmal zur Kenntnis genommen?
Die Antwort ist relativ einfach: Man wollte es nicht sehen. Es ist viel einfacher, seine eigenen Wunschvorstellungen zu projizieren, also eine Demokratisierung der Ukraine nach westlichem Vorbild.
Es wird alles in das eigene Weltbild eingebaut und soweit zugekleistert, das die elementaren Risse und Widersprüche nicht mehr zu sehen sind. Nicht die vielbeschworenen Werte spielen für das Handeln eine Rolle, sondern Interessen.
Dasselbe fand auch vorher schon, findet auch jetzt wieder woanders statt. Mit dem Sturz Assads spielt es offensichtlich keine Rolle, dass dort Islamisten, also ebenfalls Antidemokraten die Macht errungen haben.
Diese Doppelmoral ist im Augenblick mit Händen zu greifen.