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  • Marwolf2004

mehr als 1000 Beiträge seit 11.09.2004

Re: Interessant wäre eine Pathologie der SPD-Wähler

Meine Vermutung: Vollkommenes Vergessen, worum es einst ging.

Beispiel: Wenn ein Sozialist davon faselt, eine marktkonforme Politik zu betreiben, ist das ein vollkommener Widerspruch in sich. Das wäre vergleichbar damit, wenn ein Papst sagt, wir brauchen ein lustbetontes Zölibat.

Nur leider lassen sich immer noch sehr viele Leute von sowas beeindrucken (denn geht es der Wirtschaft gut, geht es ja bekanntlich den Menschen gut) und vergessen dabei, dass die Initialzündung der sozialistischen Arbeiterbewegung der Zwang war, sich nicht marktkonform zu verhalten. Der Nonkonformismus der ursprünglichen Sozialisten hat dazu geführt, das es Arbeitsnehmerrechte gibt, einen Sozialstaat und allgemeinen Wohlstand auch in der untereren Schicht. Hätten sich die ursprünglichen Sozialisten marktkonform verhalten, wäre der Manchester-Kapitalismus nie beendet worden und die Arbeitnehmer würden auch heute noch ihre eigenen Kohlen in die Arbeit mitnehmen, damit sie dort nicht frieren. Ironischerweise sind wir heute wieder wesenlich näher dran an diesem Zustand als viele glauben.

Und warum passiert das? Weil sich Sozialisten immer mehr marktkonform verhalten. Weil die Parteien spätestens seit den 90'ern (vermutlich aber noch viel früher) von Pseudos, Systemlingen und Kollaborateuren unterwandert wurden, die eigentlich für die Gegenseite arbeiten (gut dran zu erkennen, das ausrangierte SP-Wracks sehr oft dann in Aufsichtsräten und anderen Positionen landen).

Und die Wähler kapieren es nicht. Sie verstehen nicht, dass Sozialismus nicht ist, dem Wahlvolk vor dem Urnengang ein paar Würstchen mit Senf zu spendieren, und sich danach der Wirtschaft und dem Kapital anzubiedern. Sozialismus ist eine aktive und aggressive Gegenposition zu den Wünschen und Vorstellungen der Oberschicht, des Kapitals und der Wirtschaft. Und im Widerstreit dieser beiden Pole entstehen die Kompromisse, die die Bedürfnisse aller Seiten zufriedenstellen.

Wenn einer der Pole seine Standpunkte nicht mehr vertritt, sondern sich der anderen Seite unterwirft und anbiedert, gibt es keine Kompromisse mehr. Daher haben wir eine EU, einen Euro, den vollkommenen Verrat aller Regelwerke dieser beiden Themen im Zuge der Finanzkrise, einen ESM, und sehr bald auch TTIP und andere Ekeligkeiten. Alles sanktioniert durch Sozialisten, die keine sind, nie welche gewesen sind, und auch nie welche sein werden.

Daher nochmal: Die Pathologie von SP-Wählern ist das Vergessen bzw. das Nichtverstehen, warum es beim Sozialismus wirklich geht bzw. gehen sollte.

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