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  • ALomax

mehr als 1000 Beiträge seit 02.06.2014

Re: Das traditionelle "sozialdemokratische Halbjahr" vor jeder größeren Wahl...

da kann man nur von Glück reden, dass es in der Geschichte der Menschheit immer Personen gab, die ihr "natürliches Verhalten" überwinden konnten. Sonst würden wir heute noch glauben, die Erde sei eine Scheibe, es sei ein natürlicher Zustand, dass Frauen keine Rechte haben, Homosexualität eine Krankheit und die Welt vom Gutdünken des jeweiligen Königs/ Kaiser abhängig sei.

Würde ich als Historiker anders bewerten - Geschichte ist keine lineare Entwicklung der "vernünftigen" Ideen, sondern auch einfach nur das evolutionäre Ergebnisse sich real manifestierender Kräfteverhältnisse. Zu jeder Zeit gibt es Individuen und Gruppen, die sich auf Basis ihrer gegenwärtigen Vorbedingungen für gewisse Veränderungen einsetzen. Wenn die materiellen Gegebenheiten ihre Richtung unterstützen und sie genug Unterstützung über die Lager hinweg durchsetzen können, setzen sie sich durch und Veränderung entsteht.
Und wenn zu viele Partikularinteressen gegeneinander stehen und keine genug Integrationskraft für eine Gesamtgesellschaft entwickelt, wird es halt chaotisch. Dann entstehen Zufallsmehrheiten und "Black Swan Events", die Strömungen nach oben spülen, die eigentlich keiner wollte. Aber das hat wenig damit zu tun, dass einzelne "destruktive" Strömungen nicht bei vernünftigen Lösungen mitmachen wollen, sondern doch eher damit, dass keiner ein vernünftiges, integrativ tragbares Angebot liefert, bei dem man konstruktiv mitmachen könnte - oder dass die "konstruktiven Veränderungsangebote" so weit von einem tragfähigen Konsens entfernt sind, dass sie automatisch gleich die Opposition mobilisieren.

Kurz gesagt, natürlich würde ich den Kuchen aus dem Fenster schmeißen, bevor ich ihm komplett dem gierigen Räuber überlasse, der nicht weniger als den ganzen Kuchen akzeptiert. Und ich würde diesen destruktiven Akt durchaus als positiven Beitrag zur Gesellschaftsbildung verstehen, wenn die Alternative nur darin besteht, Fehlverhalten zu belohnen und dadurch zu verstärken - und damit eine negative Entwicklung der Gesellschaft zu befördern.
Wenn der Kuchen erst mal aus dem Fenster fliegt, bleibt zumindest die Chance, dass der andere dadurch was lernt und man irgendwann noch mal zusammen einen Kuchen backen und gerecht verteilen kann, wenn das Gegenüber erfährt, dass es mit seiner Art keinen Gewinn erzielt.

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