_festus_ schrieb am 21.02.2021 01:13:
Ohhh - wenn man hinschaut gibt es die durchaus - nur sind die weniger ideologisch sondern mehr sondern emotional motiviert - schau dir nur mal die französischen Gelbwesten an - oder durchaus auch die Coronamassnahmengegner hierzulande. Die haben vielleicht keinen ordnungsgemäßen “Klassenstandpunkt” - aber sie merken, wenn sie verarscht werden.
Merken, dass man verarscht wird, reicht eben nicht, und deshalb wird diese Gelbwestenbewegung auch wieder verschwinden, ohne auch nur irgendetwas zu bewirken.
Das Hauptproblem - das Scheitern bisheriger Versuche einer sozialistischen Gesellschaft hat Ursachen - die zu einem wesentlichen Teil in den Grundannahmen der Ideologie liegen - die bis heute nicht aufgearbeitet sind - und auf absehbare Zeit wohl auch nicht werden.
Nun ja, da wäre ich mir nicht so sicher. Also ich habe schon längst angefangen, das aufzuarbeiten, und ich werde nicht der einzige sein. Momentan wühle ich mich durch die Werke von Marx und Engels, aber was die schruben, macht im Grossen und Ganzen noch Sinn, zumindest was ich bis jetzt gelesen habe, wobei ich da noch zu den Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und Anarchisten ab den 1860er Jahren komme. Da bin ich momentan noch an der Vorgeschichte. Ich habe für das eigentliche Fiasko nun mehr Lenin im Verdacht, der auch gerne ganz wissenschaftlich begründen wollte, warum er in Russland trotz der Rückständigkeit des Landes eine separate kommunistische Revolution machen kann - entgegen der Analysen von Marx und Engels, die genau das als zum Scheitern verurteilt ansahen. Man muss da schon ein wenig genauer hinsehen. Was Engels jedenfalls nicht müde wurde zu predigen war, dass es eben nicht möglich sei, eine Revolution zu machen um die Produktionsverhältnisse zu ändern - die gesellschaftlichen Verhältnisse würden eben erst dann umgestaltet, wenn die Produktionsverhältnisse dies notwendig machen, dann aber auf jeden Fall, nach Möglichkeit friedlich, und wenn die alte Gesellschaft sich zur Wehr setzt, dann notwendig gewalttätig. Also ich habe so den Eindruck, dass gerade was die Zukunftsprognosen betrifft, der wissenschaftliche Kommunismus eher schwach war, in der Analyse der grundsätzlichen Schwächen der kapitalistischen Ökonomie dagegen stark. Die Nachfolger waren da wohl teilweise etwas schlampiger in der Analyse in ihrem quasireligiösen Eifer, statt den wissenschaftlichen Anspruch wirklich aufrechtzuerhalten, insbesondere bei den Marxisten-Leninisten. Zumindest ist das meine gegenwärtige Arbeitshypothese.