Kanzlerkandidat Scholz steht ja wohl wie kaum ein anderer für einen Kurs des "Weiter so!" - und zwar des "weiter so" auf genau dem Weg, der überhaupt erst zu dem Mitgliederschwund geführt hat. Da ist es mir ein absolutes Rätsel, wie man auf den Gedanken kommen konnte, dass man damit dem Schwund entgegenwirken konnte.
Es reicht halt nicht aus, dass ein Kandidat auch bei den Wählern ganz sympathisch rüberkommt, die eh nie SPD wählen würden.
Was mich persönlich von der SPD entfremdet hat, ist die neoliberale Anbiederung der 90er, die mit der Ära Schröder ihre Vollendung gefunden hat. Klar entsprach das damals dem Zeitgeist und war irgendwie ein Gewinnerthema - das aber in den 2000er-Jahren komplett an Ausstrahlung verloren hat. Es wäre also Zeit für die SPD, sich auch mal wieder vom Schröder-Kurs zu distanzieren, nachdem man gesehen hat, wohin der führte. Also mal wieder ein klares Bekenntnis zum "linken", sozialen Markenkern.
Nur, das kriegen sie einfach nicht hin.
Und mit Scholz haben sie sich wieder mal für eine Verlängerung entschieden, nachdem die Wahl der Parteivorsitzenden endlich mal einen Kurswechsel hätte signalisieren können.
Und nein, ich hab kein Problem mit der "großen Koalition". Es ist ein dezidiertes Problem mit der Haltung und Position der Partei.
Ich bin ja inzwischen so weit, dass ich bei der SPD alles mit meiner Stimme honorieren würde, was nur eine klare Distanzierung von dem zum Ausdruck brächte, was man in England als "New Labour" bezeichnen würde. Die könnten meinetwegen einen linken Fundamentalisten an die Spitze setzen, dessen Programm ich für komplett hirnrissig halte, und ich würde ihn wählen - nur wegen des dadurch deutlich gewordenen Bekenntnisses zur Abkehr von der neoliberalen Schröder-Ära. Aber so einen klaren Bruch und eine Distanzierung will ich erst mal sehen, danach kann man ja an einem vernünftigen Neustart arbeiten.
Aber stattdessen, Scholz :-(. Weiter so.
Braucht keiner, steht für nix. Warten wir also auf die nächste Runde.