Dollartmensch schrieb am 17.08.2023 17:29:
Gendern Schüler in Aufsätzen oder Arbeiten, dann gilt dies offiziell als Fehler. Die Lehrer sind aber angehalten, mit Augenmaß zu entscheiden.
Erinnert mich an eine alte Lehrerin, die vor 50 Jahren in Aufsätzen die Einhaltung der "Eszett"-Regelung z.B. bei "dass" verlangte. Ich schrieb immer mit Doppel-Es. Jedesmal Fehler. Heute ist das Doppel-Es richtig. Die Zeit hat mich bestätigt. So wird es auch mit dem Gendern kommen.
Vor 50 Jahren wurde "daß" mit Eszett geschrieben. Die Reform zu einem erheblich späteren Zeitpunkt macht rückwirkend diesen Fehler nicht "richtig". Es war damals falsch und der Punktabzug gerechtfertigt.
Die Rechtschreibrefom an sich ist auch kein "Erfolg", wenn heute jeder schreiben kann, wie er will.
Bei der Grammatik hat man keinerlei Fallstricke ausgeräumt (wie eben "daß" und "das") sondern teilweise verstärkt (Kann-Kommas vs Muss-Kommas). Lediglich die Frage, wann man das scharfe S (ß) schreiben muss und wann nicht wurde behandelt. Da man "daß" nun einmal schnell ausspricht, wurde es "dass".
Natürlich auch wieder nicht ohne Ausnahme: wenn's der Zeichensatz nicht hergibt oder auf GROSSSCHREIBUNG umgestellt wird, darf ein scharfes S wieder durch zwei S substituiert werden. Auf die Idee, einen neuen Letter (Groß-Eszett) einzuführen, sind die Reformatoren selbstverständlich nicht gekommen.
Aber das sind nur Details, mit denen ich leben kann. Was absolut eine Katastrophe ist, ist die Ersetzung von "PH" zu "F". Aus "Photographie" wird "Fotografie". Gut, tut nicht so weh. "Phantasie" wird "Fantasie" - schon unangenehmer. Und aus dem "Delphin" machen wir "Delfin". Das tut nur noch weh. Dafür wird natürlich "Delphi" (die griechische Stadt) mit PH geschrieben, statt auf "Delfi" reformiert. Falls die Regel "Eigennamen bleiben erhalten", müsste das natürlich auch auf den "Delphin" zutreffen, während "Fotografie" vollkommen in Ordnung wäre. Aber was habe ich gelacht, als ich "Fotographie" gesehen habe: da konnte sich derjenige wohl nicht entscheiden, welches PH nun zu ersetzen war. Eine "Photografie" ist mir übrigens auch schon untergekommen.
Wenn die Idee der Rechtschreibreform mal war, die Sprache zu vereinfachen, dann hat man grandios versagt. Conrad Duden hat mal mit Grund die deutsche Sprache in Form gebracht, dahmid epen nicht iederman so schraipen kaan, wi ihm belybt!
Nun ist die deutsche Sprache keine tote Sprache - sie wandelt sich. Und so wie das "Dass" eine Existenzberechtigung hat und niemand mehr heute "Bureau" schreibt (dem französischen Wort), sondern Büro, so lassen sich auch andere Fremdwörter gewiss eindeutschen. Das ganze unterliegt letztendlich weiterhin dem "Duden" als Sprachrichtlinie - nur sollte das ganze halt System haben. Sonst stolpern wir demnächst über ein "Süstem", denn das "Y" wird in dem Fremdwort wie ein zum Ü verschliffenes I ausgesprochen.
Interessanterweise werden echte Probleme der deutschen Sprache nicht angefasst. Zum Beispiel wird "CH" in direkt drei verschiedenen Varianten ausgesprochen:
Im Wort "Rauchen" wird das CH rau behaucht und hat fast den Charakter eines "R"
Im Wort "Ich" dagegen ist das CH quasi ein SCH ohne S, also "weich" behaucht.
Je nach Region wird in "Chemie" oder "China" ein weich behauchtes CH gesprochen oder ein Knacklaut mit K "Kemie", "Kina". Bei "Chemnitz" wird immer "Kemnitz" gesprochen. "Charakter" übrigens auch wie "Karakter".
Auch so'ne Sache: im Tschechischen gibt es echte Wortungetüme, in denen vier, fünf Konsonanten aufeinanderfolgen ohne Vokal dazwischen. Sowas ist im Deutschen eher selten, aber kommt vor, z.B. eben im Wort "Deutsch". TSCH. Sind vier Buchstaben. Bei der "Deutschtümelei" komme ich sogar auf fünf (TSCHT) und nur die Kenntnis meiner Muttersprache hilft mir mit der Silbentrennung. Lustigerweise haben die Tschechen aber für genau dieses "SCH" einen Ersatzbuchstaben entwickelt, nämlich das S mit Hatschek "Š". Das wird wie ein "SCH" ausgesprochen. Das Wort "Deutsch" würde dann also "Deutš" verkürzt. Auch, das "TSCH" hat auch eine Verkürzung im Tschechischen: C mit Hatschek. Damit könnte man das Wort "Deutsch" sogar zu "Deuč" verkürzen. Aussprache ist gleich, aber für uns ist das Wort natürlich so nicht mehr erkennbar.
Aber stellen wir uns mal vor, wir würden die aus mehreren Vokalen zusammengesetzten Laute durch solche wie das "Š" oder "Č" ersetzen, würde das direkt mal eine Menge Unklarheiten beseitigen wie eben im Falle des "CH". Lediglich für den Knacklaut gibt es eine simple Ersatzschreibweise: aus "CH" wird dann "KH" wie etwa in "Khemnitz" oder "Kharakter". Bei "Rauchen" und "Ich" ist das aber nicht möglich.
Und zum Schluss hätte ich da noch die in vielen Dialekten völlig überflüssigen Artikel, die auch wieder in der Grammatik für viel Verdruss sorgen. Wenn ich da ans Sächsische oder Schwäbische denke, kommen wir doch eigentlich mit dem Allgemeinartikel "De" ganz gut aus. Aus "Der", "Die", "Das" wird dann "De". Auch die modifizierten Artikel "Den", "Dem" usw. entfallen und werden durch "De" ersetzt. Lesbar bleibt de Satz in jedem Falle, denn selbst wenn de Artikel durch "De" ersetzt wird, ergibt sich durch de Lesefluss im Kopf genau de richtige Form." Easy, isn't it?
Natürlich ist das mit dem Artikel eher ein Scherz. Aber beim "CH" wäre eine Reform dringend nötig, denn das ist nicht nur je nach Region unterschiedlich, es gibt nicht einmal eine richtige Regel nach Duden, wann was wie ausgesprochen wird. Wie soll das dann jemand, der nicht mächtig dieser Sprache ist und sie erlernen will, eigentlich begreifen?