Die Debatte um das Böhmermann-Gedicht erinnert mich an die Interpretation irgendeines Exponats in einer Ausstellung für moderne Kunst:
Jeder meint, irgend etwas Anderes darin zu erkennen.
- Der Erste sieht darin in dem mitten im Raum platzierten Exponat, das offenbar einen Scheisshaufen darstellen soll, ein geradezu geniales Kunstwerk, das raffiniert mit den Erwartungen des Betrachters spielt
- Der Nächste stört sich insgeheim ein wenig am Gestank des Kothaufens, erkennt dann aber an, dass Kunst alles darf, und bewundert daraufhin, wie das Kunstwerk auf provokante Weise die Grenzen des menschlichen Ekels auslotet und den Betrachtet dazu auffordert, sich kritisch Gedanken über das menschliche Ekelempfinden zu machen
- Der Dritte beklagt sich, wie schon bei 80% der Exponate in den vorherigen Räumen, was heutzutage alles "Kunst" genannt wird
- Der Nächste erkennt endlich eindeutig, dass das Kunstwerk satirisch auf den Kontrast zwischen der kühlen & sterilen Atmosphäre des Raumes hinweist
- Der Fünfte ist fasziniert von der subversiven Aussage des Kunstwerks und fordert laut, den verantwortlichen Künstler mit Kunstpreisen zu überschütten
...und irgendwann kommt die Besitzerin des Hundes vorbei, der da versehentlich seinen Haufen hingeschissen hat, und sammelt ihn etwas peinlich berührt wieder ein.