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Avatar von MaDMaik

298 Beiträge seit 06.01.2000

Re: Land ohne Unterschicht?

tiefschwarz schrieb am 16. Februar 2011 12:10

> > Falsche Rechnung. Richtig wäre:
> > Armes Land ("Unterschichtland" wie Du es nennst) = billige Arbeit =
> > wenig Lohn = bleibt armes Land.
> > 
> > Reiches Land läßt in armem Land produzieren = geringe Kosten = mehr
> > Gewinn = noch reicheres Land.
> Unsinns Gutmenschentrugschluss. 

Nein, nur ein wenig vereinfacht um Deinen auch nicht umfangreicheren
Argumentationen ein Stück entgegenzukommen.

> Arme Länder bleiben nicht arm, weil sie mit dem Westen handeln,
> sondern weil sie andere Probleme haben (Korruption etc). Handel macht
> reich. Immer. Denn ohne Gewinn, handelt ja auch niemand.

Die Frage ist wer handelt und womit. Wer gewinnt dabei und wer
verliert? 
Ja, da ist auch Korruption ein Thema (was ja auch in DE in vollkommen
unbekannt ist).
Der Handel den Du meinst findet zwischen gleichwertigen Partnern
statt, und dabei gewinnen beide. Beim Handel zwischen einem Reichen
und einem Armen gibt es schon per Defition keine gleichwertigen
Partner. Ersterer hat immer die Möglichkeit letzterem seinen Willen
aufzuzwingen (mehr Geld, Einfluß, etc.), dabei verliert zwangsweise
letzterer.

> > > > Wo soll dieses Traumland ohne "Unterschicht" sein und wer räumt da
> > > > euren ganzen Dreck weg?
> > > Ich sag dir mal was Jungchen. Es gibt IMMER eine Unterschicht. Das
> > > ist aber nicht gewollt, sondern ein zwangsläufiges Ergebnis dessen,
> > > dass man diejenigen denen es VERGLEICHSWEISE schlechter geht, als
> > > Unterschicht DEFINIERT.
> > 
> > Das schreit natürlich danach, daß Du uns mal Deine Definition von
> > "Unterschicht" vorlegst.
> <<<Definition von relativer Armut aus Wikipedia>>>

Ich fragte nach "Unterschicht" nicht nach (relativer) "Armut". Das
ist nicht dasselbe. 

> > Und über das "nicht gewollt" kann man auch streiten. So manche
> > Wirtschaft unserer ruhmreichen westlichen Welt stützt sich auf
> > preiswerte Arbeitskräfte ausländischer Herkunft, oftmals sogar
> > illegal eingereist.
> Du brauchst nicht so sagen, wer daran schuld ist. Ich weiß es jetzt
> schon: die Konzerne. Wie langweilig.

Von Schuldfrage war keine Rede. Und Schuld sind auch nicht "die
Konzerne" als Ganzens, sondern die Gesellschaft aus der sie
entstanden sind und in welcher sie agieren. Sich nur auf die
Repräsentanten unserer Wirtschaftsformen einzuschiessen ist zu kurz
gegriffen.
Es sind immer Menschen beteiligt und damit tragen auch immer Menschen
die Verantwortung. 

> Ich muss dir aber sagen: das ist nur eine Seite der Medaille.
> Immerhin entscheidet letztlich teilweise der Konsument.

Ja, da stimme ich zu, der Konsument (hierzulande) entscheidet mit.
Und solange dem Konsumenten das Prinzip "Hauptsache billig" über
alles andere geht, solange wird er die Augen vor den Auswirkungen
dieser Haltung geschlossen halten (wenn man drüber nachdenkt ist das
ein typische Teufelskreis).

> Und die
> örtlichen Strukturen in den E-Ländern lassen das zu.

Nein. Denn die Leute dort haben oft nicht die Wahl. Beispiel: die
landwirtschaftliche Überproduktion in der EU, Stichworte "Milchsee",
"Butterberg", gern auch die Maisüberproduktion in den US. Statt den
Markt die Produktion regulieren zu lassen (was doch ein klassisches
Thema für jeden Kapitalisten ist) werden die Überschüsse
subventioniert und zu Schleuderpreisen an Drittstaaten
(Entwicklungsländer) verkauft. Effekt: die einheimische
Landwirtschaft (in den E-Ländern) geht zu Grunde, weil die Einwohner,
die eh nicht viel Geld haben das preiswertere EU- oder US-Produkt
kaufen (ach ja, es gibt da noch Freihandelsabkommen, damit die
ELänder auch ja keine Zölle erheben). Weitere Folge: die
Landbevölkerung wandert ab um nach anderen Einkommensmöglichkeiten zu
suchen - welche sie wie durch Zufall in Fabriken finden, die für
Firmen in den Ländern produzieren welche den Billigmais
(-Milch/-Butter/etc) gebracht haben.

Hab nur ich das Gefühl das hierdran irgendetwas nicht stimmt? 

> Ohne, dass die Strukturen dort geändert werden, wird man das kaum
> verändern können. Was tust du, um das zu ändern? Stiftest du dort
> Schulen?

Stiftest Du welche? Oder bist Du mit der Situation zufrieden wie sie
ist? Bis Du tatsächlich der Meinung, die Menschen in den E-Ländern
sind an ihrer Situation komplett alleine Schuld? 

Geändert werden müssen aber nicht nur die Strukturen in den
Zielländern sondern auch hierzulande. WENN man möchte, daß ein Land
(und damit der Großteil dessen Bevölkerung) seine Armut überwindet,
muß man erstmal dafür Sorge tragen, daß die Menschen dort eine
Lebensgrundlage habe.

> > > Jeder "Unterschichtler" in Deutschland ist in Wahrheit
> > > Multimillionär!
> > 
> > Dann will ich ab jetzt zur Unterschicht und fordere hiermit mein
> > Haus, meine Yacht, mein Auto, meine Pferde und meine
> > Pferdepflegerinnen!
> Extra mundgerecht für dich:
> Nun, das was ein Multimillionär in Deutschland ggü. dt. Verhältnissen
> ist, ist nunmal ein deutscher Unterschichtler verglichen mit der
> irdischen Unterschicht.

Das ist lieb, aber was Du vorkaust, spucke ich trotzdem lieber wieder
aus.
Falls Du sagen willst, daß ein Mitglied des Prekariats in Deutschland
auf hohem Niveau jammert (falls er jammert), gebe ich Dir recht. Im
Regelfall haben die Leute ein Dach überm Kopf, ne Heizung und zu
essen, eine Gesundheitsversorgung und Dieter Bohlen zur Unterhaltung. 
> > > Und ich will, dass das auch so bleibt.
> > 
> > Natürlich willst Du das - die anderen dürfen ruhig für Dich arbeiten,
> Ich arbeite selbst.
> Und im Gegensatz zur Wohlstandsverwöhnten Unterschicht hier im Land
> arbeitet die irdische Unterschicht enorm viel.

Aah - das dt. Prekariat sitzt nur faul auf dem Sofa rum! Ok, das war
jetzt wieder etwas provokant. 
Du bist also der Meinung, weil die dt. Unterschicht sich zu fein ist
Klos zu putzen werden zwangsläufig ausländische Kloputzer ins Land
geholt - und das geht Dir gegen den Strich. Unter Umständen und
besser ausformuliert könnten sich unsere Meinungen hier durchaus
treffen.
Naja, mann kann ja nicht in jedem Punkt unterschiedlicher Meinung
sein...

> > Dir die Tomaten inmitten von Pestizidwolken pflücken, das Haus
> > saubermachen und das Spielzeug für Weihnachten zusammenkleben,
> > solangen Du sie nicht siehst. Und wenn Du sie doch siehst, stellst Du
> > fest, das Du die Leute gar nicht dahaben willst, bist aber auch nicht
> > gewillt, die Tomaten selbst zu ziehen, das Haus selbst zu putzen und
> > für das Spielzeug das dreifache zu zahlen, damit sich die Produktion
> > in einer dt. Fabrik lohnt.
> Arbeitsteilung ist wohlstandsfördernd.
> Das sind Lehren aus der Steinzeit, mein Lieber!

Ich wußte Doch, daß Du ein Höhlenmensch bist. Im Ernst - vom Prinzip
richtig, aber ab einem gewissen Punkt wird nur noch der Wohlstand
einer Partei gefördert. Das sind Lehren aus dem Feudalismus, "mein
Lieber"!
Stichworte: "Leibeigenschaft", "Sklaverei"

> Im Gegensatz zu dir gehe ich nämlich davon aus, dass Wohlstand
> insgesamt größer wird, je mehr Wohlstand es gibt.

Äh, ja, das ergibt aus deiner Aussage von alleine. Ist ja auch nicht
schlimm. Weder gehe ich davon aus, daß der Wohlstand kleiner wird
wenn es mehr davon gibt (wäre ja auch Blödsinn) noch bin ich dagegen.

> Dafür spricht, dass gerade durch den Aufstieg Chinas Deutschland NOCH
> reicher wurde.

Ich bin zwar nicht ganz sicher, ob ich davon etwas bei mir persönlich
gemerkt habe (auch ich bin Deutschland) - aber auch im Rest
Deutschlands scheint der unverhoffte Reichtum nicht so recht
angekommen zu sein. Ok, das kann auch einfach ein Verteilungsproblem
sein (Achtung, provokante These). Das würde dann bedeuten, daß nur
wenige Leute sich über mehr Wohlstand freuen können - auch das würde
den Schnitt höher setzen, leider gehen dann die meisten Menschen leer
aus. 

> Selbst wenn es keine 1€-Klamottenflicker in Südasien, keine
> Billiglöhner in Afrika gibt, Wohlstand entsteht durch Arbeit, und
> wenn die Leute dort statt in Pestizidwolken eben Maschinen basteln,
> dann steigt der Wohlstand.

Ja - da geb ich Dir im Prinzip recht. Nur, warum basteln dann nicht
einfach alle Maschinen (oder ähnliches)? Warum sind dann immer noch
alle so wild darauf bei uns Klos zu putzen? So einfach scheint die
Lösung wohl leider nicht zu sein.


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