ratwol22 schrieb am 15.03.2024 18:12:
Der Art. 24 (alle Absätze) bestanden seit 1949 bis 1992 unverändert im Wortlaut.
Er existierte also bereits vor der Gründung der Bundeswehr (1955), vor dem Beitritt zum NATO-Bündnis (1955) und vor der Aufnahme der BRD in die UNO (1973).
Also ist der erste Absatz Deines Beitrages reiner Nonsens: es mußte nicht herumgebastelt werden: ich habe den Wortlaut des Art. 24 so wie er zwischen 1949 und 1992 gültig war in einer Ausgabe des GG von 1986 vor mir auf den Tisch liegen.
Nein. Das GG sieht eine Beteiligung der Bundeswehr abseits einer reinen Landesverteidigung nur dann vor, wenn es durch das GG(!) erlaubt ist.
87a:
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. (Und zu nichts anderem!) [..]
(2)Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
[..]
Problem: Das GG läßt eben nirgendswo "ausdrücklich" zu, daß die Bundeswehr außerhalb Deutschlands eingesetzt werden kann. Eine solche Regelung existiert im GG nicht, da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens Deutschland entmilitarisiert war. Der Art. 87a kam erst mit der Bundeswehr dazu (1956), engte aber bewußt den Einsatz in strenge Grenzen. Das war bis zum Einsatz der AWACS 1991 auch kein Problem, da es außerhalb der NATO (i.e. reine Verteidigung) auch keinen Einsatz gab.
Mulitnationale Systeme wie die UN, die NATO und die Montan-Union, die 1951 gegründet wurde.
Weder muß die Bundeswehr noch müssen Kampfeinsätze ausdrücklich in Art. 24 erwähnt werden.
Ohne den Umweg und großzügige Auslegung von über Art. 24 Abs. 2 wäre ein Einsatz abseits Art. 87a (z.B. Nothilfe im Inneren) gar nicht möglich.
Der Begriff "zwischenstaatliche Einrichtung" im Absatz 2 beschränkt sich nicht auf internationale Organisationen. Er umfaßt auch Organisationen, die nicht die Strukturmerkmale einer internationalen Organisation aufweisen, beispielsweise die EU und die NATO.
Den Begriff gibt es da nicht. Es gibt den Begriff nur in Artikel 1 und 1a ("grenznachbarschaftliche Einrichtungen"), womit aber Zoll, Grenzschutz und Polizei gemeint sind. Die Bundeswehr kann man lediglich in Absatz 2 hineininterpretieren:
"(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern."
Wobei hier aber eher die "Beschränkungen seiner Hoheitsrechte" vorrangig im Ziel waren (internationale gemeinsame Handlungen). Daß der Bund selbst dabei die "sichernde" Rolle mit der Bundeswehr spielt, ist da ja nicht mal erwähnt. Seit Jahrzehnten lediglich Ermessensspielraum der Verfassungsrechtler und hier z.B. für Blauhelmaktionen unter Ägide der UN. Nicht umsonst will man ja seit Jahr(zehnt)en das GG diesbezüglich erweitern, was aber dank Art. 79 Abs. 3 GG gar nicht so leicht ist. Jede Gesetzesänderung diesbezüglich landet auch garantiert vor dem BVerfG. Selbiges hat 1994 klargestellt:
"1. Art. 24 Abs. 2 GG ermächtigt den Bund, sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einzuordnen. Diese Ermächtigung berechtigt den Bund nicht nur zum Eintritt in ein solches System und zur Einwilligung in damit verbundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses Systems stattfinden."
(BVerfG, 12.07.1994 - 2 BvE 3/92, 2 BvE 5/93, 2 BvE 7/93, 2 BvE 8/93)
Ebenso dort:
"5. Auch die Beteiligung deutscher Streitkräfte an der von NATO und WEU durchgeführten Überwachung des vom Sicherheitsrat mit den Resolutionen Nrn. 713 und 757 beschlossenen Waffen- und Handelsembargos gegen Restjugoslawien in der Adria und an der Überwachung und Durchsetzung des vom Sicherheitsrat verhängten Flugverbots im Luftraum über Bosnien-Herzegowina durch den NATO-AWACS-Verband gemäß den Sicherheitsrats-Resolutionen Nrn. 781 und 816 findet ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 24 Abs. 2 GG in Verbindung mit den Zustimmungsgesetzen zum Beitritt zum Nordatlantikvertrag (BGBl. 1955 II S. 256) und zur Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430) (a). Die Teilnahme deutscher Streitkräfte an diesen Operationen in integrierten NATO-Verbänden ist durch diese Zustimmungsgesetze gedeckt (b). "
Auch hier klarer Bezug zu Art. 24 Abs. 2 GG und die Einbindung in ein System mit zusätzlicher(!) Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat. Außerdem hat hat BVerfG auch noch mal explizit klargestellt, daß diese sehr weite Auslegung (Militär wird ja nicht erwähnt) des Art. 24 nur möglich sein darf, wenn es eine vollständige parlamentarische Kontrolle gibt (wehrverfassungsrechtlicher Parlamentsvorbehalt).
Hier ist Dein zweiter Patzer:
Die NATO ist ein "System kollektiver Sicherheit".
Es gilt: "zwischenstaatliche Einrichtung" müssen nicht die Strukturmerkmale internationaler Organisationen aufweisen (siehe oben). Deren Kreis schränkt Art. 24 weder in geographischer noch in inhaltlicher oder funktioneller Hinsicht ausdrücklich ein!
Noch mal: Es gibt in Art. 24 Abs. 2 keine "zwischenstaatliche Einrichtung".