Das GG sieht eigentlich erst mal gar nicht vor, die Bundeswehr irgendwie und irgendwo einzusetzen, wenn es sich nicht um direkte Verteidigung des Landes handelt. Oder anders ausgedrückt: Die Verfasser des GG wollten das erst gar nicht regeln. Allerdings kam dann mit der NATO (und der UN) die Frage, wie man das nun doch in das GG hineinbasteln könnte und wurde in Art. 24 Abs. 2 GG fündig, was auch immer noch die zentrale Norm für den Auslandseinsatz der Bundeswehr (außerhalb Art. 87a) ist:
"(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern."
Damit sind aber eben multinationale Systeme wie die UN gemeint, die Bundeswehr wird da nicht mal erwähnt - und schon gar keine Kampfeinsätze, dazu nimmt man "herbeiführen und sichern" zur Hilfe. Bilaterale Handlungen sind damit nicht, oder nur unzureichend gedeckt, denn mit der Ukraine haben wir keine solchen Verträge (NATO) und aber auch kein Mandat der UN.
Eine hilfsweise Legitimierung über Art. 87a Abs. 2 GG und dann über Art. 51 UN-Charta (Intervention auf Einladung) stellt aber dann keine konsensuale Willensbildung in einem internationalen Gremium dar, sondern ist eine politische Entscheidung, die vom GG so also nicht gedeckt ist. Es gibt jedoch durchaus Tendenzen, den Einsatz der Bundeswehr zur "Verteidigung" schon fast beliebiger Ziele zur Praxis zu machen. Ohne den UN-Sicherheitsrat gibt es aber eben keine solche multinationale kollektive Sicherheitsstruktur, wodurch selbst eine vom Parlament abgesegnete Einwilligung verfassungsrechtlich dann mindestens fragwürdig ist. IMHO war bereits der Einsatz in Erbil zwar vielleicht völkerrechtskonformes militärisches Engagement, aber eben nicht von Art. 24 Abs. 2 GG gedeckt. Leider wurde aber diese Koalition der Willigen nicht wirklich vor das Bundesverfassungsgericht getragen, da die Klage der Linken IMHO politisch motiviert verworfen wurde ("Der Antrag ist mangels Antragsbefugnis unzulässig.", siehe https://www.bverfg.de/e/es20190917_2bve000216.html ). Notwendig wäre wohl eine Normenkontrollklage gewesen, wobei nicht mal klar ist, ob eine Zustimmung des Parlament überhaupt eine solche Normenkontrollklage bedingen kann.
Ist btw. nicht nur meine Meinung, siehe z.B. "Völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Grundlagen des Bundeswehreinsatzes im Irak", WD 2 des Bundestag:
"Auch ein bilaterales Abkommen zwischen dem Irak und Deutschland wäre kein kollektives Sicherheitssystem i.S.v. Art. 24 Abs. 2 GG. Kollektiv ist ein Sicherheitssystem nur dann, wenn
mehr als zwei Staaten daran beteiligt sind, die sich gegenseitigen Beistand versprechen."
Siehe z.B. auch Prof. Heiko Sauer:
https://verfassungsblog.de/tuecken-einer-verfassungsgerichtlichen-legalitaetskontrolle-von-auslandseinsaetzen/
Und völlig ausblenden muß dann sowieso, daß es – vor allem im englischsprachigen Raum – durchaus einige Stimmen gibt, die den russischen Einmarsch nicht mal völkerrechtlich verurteilen wollen. Vermutlich auch ein Grund, warum man es unterlassen hat, Putin deswegen vor dem Internationalen Gerichtshof anzuklagen. Ein Beispiel wäre Prof. David C. Hendrickson:
https://peacediplomacy.org/2022/05/17/sovereigntys-other-half-how-international-law-bears-on-ukraine/
Folgt man seiner Argumentation – und die ist durchaus gut abgedeckt – fiele für einen Bundeswehreinsatz auch die Legitimation nach Art. 51 UN-Charta weg. Aus einem "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" wird dann genau das Gegenteil - ups. Um so schlimmer ist dann, daß gerade aus Deutschland so wenig kommt, erst mal für Waffenstillstand und ggf. Frieden zu sorgen. Krieg, egal ob legal oder illegal, ist immer die schlechtere Wahl.