Niccus schrieb am 22.03.2024 22:03:
… Entschuldigung. Das steht dort nicht. Es war sarkastisch gemeint und sollte sagen: Man redet immer davon, dass die Armen anderen nicht auf der Tasche liegen und arbeiten sollen. Dabei leben doch die Reichen auch auf Kosten der anderen. Sie haben nur das Besitzprivileg.
Besitz wird gerne als Grundrecht, ja quasi als Menschenrecht geframed. Die meisten Menschen sind auch so benebelt davon, dass sie es sich gar nicht mehr anders vorstellen können. Da schließe ich mich nicht von aus. Tatsächlich handelt es sich jedoch bei Besitz genauso um ein Privileg wie früher die Adelsprivilegien, die Zunftprivilegien oder Jagdprivilegien.
Besitz ist nichts Natürliches. Es ist kulturell bedingt.
Arme Menschen zur Arbeit zu verpflichten ist also nur aus dieser Ideologie heraus zu verstehen. Und ich finde es enttäuschend, dass Wagenknecht offenbar ganz und gar dieser Ideologie anhängt.
Ist halt doch eine Spießerpatei …
Es wird sogar in Juristenkreisen erörtert, daß deutsches Recht, und darin insbesondere das im BGB und StGB kodifizierte, überwiegend auf Anspruchswahrung des Besitzbürgertums gerichtet ist. Diese Erblast seiner Entstehungsgeschichte ist nicht so leicht auszuspülen. Und ich ernte auch immer leisen Unglauben, wenn ich darauf hinweise, daß viele Immobilienbesitzer sehr auskömmlich von "ihrer" Stütze leben, indem sie nämlich an SoHi-Bezieher vermieten, die quasi nur als "Durchlauferhitzer" für die ihnen vom "Amt" überwiesenen KdU dienen. Aber wo will man die Grenze ziehen? Will man den Discounter im Armenviertel auch als Staatsalimentarier bezeichnen, nur weil seine Klientel sich überwiegend aus Transferleistungsbeziehern zusammensetzt?
D.h., diese Debatte führt hier nicht weiter, wenn man die Gesellschaftsordnung nicht grundsätzlich anders aufstellt. Was gewönne der Staat durch Immobilienentgeignung? Er müßte jemanden (womöglich den vorherigen Besitzer) als Verwalter einstellen, der sich zwar nicht mehr um die Mieteinnahmen, wohl aber wie bisher um die Bestellung von Handwerkern, um Instandsetzung & -haltung, Mietraumbewirtschaftung usw. kümmert und dafür entlohnt werden müßte.
Und er müßte diesem eine dicke Entschädigung für die Enteignung blechen, so will es die Verfassung.
Ist doch klar, daß sich das BSW diesen Stiefel nicht auch noch anziehen wollte, bevor überhaupt ernsthaft, in echten Wahlen und nicht nur in irgendwie zusammengeschusterten Umfragen, ausgetestet wurde, was in der BRD links überhaupt geht. Eine kernige Zurück-zu-den-Anfängen-Linkspartei würde womöglich nur hoffnungslose vorwiegend im Osten zu verortende Nostalgiker anziehen, die immer noch von einer Arbeiterklasse träumen, die längst in den Nebel zwischen Clickworkern und Prekariern und echten Facharbeitern hinwegdiffundiert ist. Da gibt es schlauere Ansätze.