dstark schrieb am 30. April 2014 10:37
> Ehrenmorde sind die Spitze des Eisbergs, statistisch gesehen ist
> "Ehre" ein eher seltenes Tatmotiv. Wobei das Motiv auch nicht immer
> klar zu Tage tritt, die Grenze zwischen Beziehungstat und Ehrenmord
> ist fließend.
Da haben wir wohl verschiedene Definitionen von Ehrenmord und
Beziehungstat. Wenn die Familie Gericht hält über die abtrünnige
Tochter, die sich einfach nicht den Befehlen ihrer Brüder unterwerfen
will und im Kreise selbigen Familiengerichts wird beschlossen, dass
die Tochter hingerichtet werden muss, es wird ausgewählt, wer das
Urteil vollstreckt und wie und wer ihn danach versteckt und wer
wieviel Geld dafür hergibt, dann klingt das für mich nicht nach
Beziehungstat. Und auch nicht in der nähe irgendeiner fließenden
Grenze. Das ist der klassische Ehrenmord.
> Was genau soll und kann es bewirken, darüber hier zu reden?
Erstmal, dass man sich gesellschaftlich darüber klar wird, ob man das
akzeptieren will, weil das "Teil der Kultur" bestimmter Kreise ist.
Das ist längst nicht entschieden.
> Dass es
> diese Gewalt gibt, ist nicht zu übersehen, dass das nicht gut ist,
> steht hier sicher nicht zur Disposition.
Bestimmte Leute übersehen diese Gewalt durchaus. Die rangiert
gleichrangig mit der russischen Invasion im Jahre 2014 oder der
Übernahme der Gesellschaft durch Scientology.
> Ebenso kann es hilfreich sein, ein Bewusstsein für die Probleme zu
> schaffen.
Genau deshalb muss darüber gesprochen werden können und darüber
gesprochen werden. Das geht allerdings kaum, wenn dann immer einer
aufspringt "aber in Hintertupfingen am Südpol da gibt es auch
Ehrenmorde zwischen Pinguinen, ich finde, darüber müsste man dann
zuerst sprechen".
> Darauf zu beharren, dass wir hier in Deutschland sind, wo gefälligst
> die Gesetze zu beachten sind, scheint mir wenig zielführend, wenn es
> darum geht, etwas gegen Ehrenmorde und deren Hintergrund zu
> unternehmen.
Du meinst, man sollte die Gesetze einfach abschaffen, weil's spießig
ist, darauf zu beharren? Mir scheint, die Gesetze haben da durchaus
Berechtigung, man muss sie allerdings anwenden - und möglicherweise
auch neue schaffen. Aber das kann man kaum im Luftleeren Raum, daher
braucht es die öffentliche Debatte. Die kann aber nicht stattfinden,
wenn sie immer in Nazi-Vorwürfen endet, sobald das Wort vernehmbar
ausgesprochen wurde.
> Ich fürchte nur, dass es den wenigsten wirklich darum
> geht. Dann spielte es nämlich auch keine Rolle, ob es in Deutschland,
> Italien oder Pakistan passiert.
Wie groß ist der Einfluß einer deutschen zivilgesellschaftlichen
Debatte auf die Realität in Pakistan? Eben. Das ist aber eine zweite
Frage, die auch debattiert werden müsste: wollen wir da mehr Einfluß?
Sind wir der Ansicht, dass unsere Kultur besser ist als andere,
wollen wir kulturellen Kolonialismus und den rückständigen Kulturen
notfalls auch mit Gewalt unsere bessere Kultur bringen? Wenn man die
Frage nicht mit "Ja, ja, ja!" beantwortet, hat man mit Pakistan oder
Italien nichts am Hut und sollte sich auf Deutschland beschränken. Da
gibt's eine Kultur, die das nicht einschließt und da muss nan sich
dann fragen: wollen wir das ändern oder nicht? Und wenn nicht: wollen
wir dann hier eine parallele Kultur akzeptieren, die das anders sieht
und vollzieht oder nicht?
Das sind Fragen, die gesellschaftlich entschieden werden müssen.
Dafür braucht man eine Debatte darüber, und die sollte das auch
möglichst offen benennen, und nicht irgendwelche Alibidebatten führen
oder sagen "wenn Du weiter Döner essen dürfen willst musst Du auch
Ehrenmorde akzeptieren" oder "wenn Du das nicht willst ist das keine
Willkommenskultur und Du bist ein Nazi".
> Ehrenmorde sind die Spitze des Eisbergs, statistisch gesehen ist
> "Ehre" ein eher seltenes Tatmotiv. Wobei das Motiv auch nicht immer
> klar zu Tage tritt, die Grenze zwischen Beziehungstat und Ehrenmord
> ist fließend.
Da haben wir wohl verschiedene Definitionen von Ehrenmord und
Beziehungstat. Wenn die Familie Gericht hält über die abtrünnige
Tochter, die sich einfach nicht den Befehlen ihrer Brüder unterwerfen
will und im Kreise selbigen Familiengerichts wird beschlossen, dass
die Tochter hingerichtet werden muss, es wird ausgewählt, wer das
Urteil vollstreckt und wie und wer ihn danach versteckt und wer
wieviel Geld dafür hergibt, dann klingt das für mich nicht nach
Beziehungstat. Und auch nicht in der nähe irgendeiner fließenden
Grenze. Das ist der klassische Ehrenmord.
> Was genau soll und kann es bewirken, darüber hier zu reden?
Erstmal, dass man sich gesellschaftlich darüber klar wird, ob man das
akzeptieren will, weil das "Teil der Kultur" bestimmter Kreise ist.
Das ist längst nicht entschieden.
> Dass es
> diese Gewalt gibt, ist nicht zu übersehen, dass das nicht gut ist,
> steht hier sicher nicht zur Disposition.
Bestimmte Leute übersehen diese Gewalt durchaus. Die rangiert
gleichrangig mit der russischen Invasion im Jahre 2014 oder der
Übernahme der Gesellschaft durch Scientology.
> Ebenso kann es hilfreich sein, ein Bewusstsein für die Probleme zu
> schaffen.
Genau deshalb muss darüber gesprochen werden können und darüber
gesprochen werden. Das geht allerdings kaum, wenn dann immer einer
aufspringt "aber in Hintertupfingen am Südpol da gibt es auch
Ehrenmorde zwischen Pinguinen, ich finde, darüber müsste man dann
zuerst sprechen".
> Darauf zu beharren, dass wir hier in Deutschland sind, wo gefälligst
> die Gesetze zu beachten sind, scheint mir wenig zielführend, wenn es
> darum geht, etwas gegen Ehrenmorde und deren Hintergrund zu
> unternehmen.
Du meinst, man sollte die Gesetze einfach abschaffen, weil's spießig
ist, darauf zu beharren? Mir scheint, die Gesetze haben da durchaus
Berechtigung, man muss sie allerdings anwenden - und möglicherweise
auch neue schaffen. Aber das kann man kaum im Luftleeren Raum, daher
braucht es die öffentliche Debatte. Die kann aber nicht stattfinden,
wenn sie immer in Nazi-Vorwürfen endet, sobald das Wort vernehmbar
ausgesprochen wurde.
> Ich fürchte nur, dass es den wenigsten wirklich darum
> geht. Dann spielte es nämlich auch keine Rolle, ob es in Deutschland,
> Italien oder Pakistan passiert.
Wie groß ist der Einfluß einer deutschen zivilgesellschaftlichen
Debatte auf die Realität in Pakistan? Eben. Das ist aber eine zweite
Frage, die auch debattiert werden müsste: wollen wir da mehr Einfluß?
Sind wir der Ansicht, dass unsere Kultur besser ist als andere,
wollen wir kulturellen Kolonialismus und den rückständigen Kulturen
notfalls auch mit Gewalt unsere bessere Kultur bringen? Wenn man die
Frage nicht mit "Ja, ja, ja!" beantwortet, hat man mit Pakistan oder
Italien nichts am Hut und sollte sich auf Deutschland beschränken. Da
gibt's eine Kultur, die das nicht einschließt und da muss nan sich
dann fragen: wollen wir das ändern oder nicht? Und wenn nicht: wollen
wir dann hier eine parallele Kultur akzeptieren, die das anders sieht
und vollzieht oder nicht?
Das sind Fragen, die gesellschaftlich entschieden werden müssen.
Dafür braucht man eine Debatte darüber, und die sollte das auch
möglichst offen benennen, und nicht irgendwelche Alibidebatten führen
oder sagen "wenn Du weiter Döner essen dürfen willst musst Du auch
Ehrenmorde akzeptieren" oder "wenn Du das nicht willst ist das keine
Willkommenskultur und Du bist ein Nazi".