Ansich gefällt mir die deutlich formulierte Äquidistanz des Autoren. Aber schon in früheren Artikeln zum Thema fielen mir Ungenauigkeiten und grobe Spekulationen auf.
Ich weiß nicht, worauf seine Expertise beruht. Aber viel Stilkritik - man weiß nach dem Lesen, was er für unzeitgemäß hält - und drastische Psychogramme Putins, lassen mich darüber im Unklaren. Vielleicht kann ich die aber, die Psychogramme, nicht recht schätzen, da es mir an psychologischer Fachkompetenz mangelt. Dem Lyriker im Autoren mag es da besser gehen, weiß er doch um die Existenz einer poetischen Wahrheit, der er sich mit leichter Hand annähert.
Das Bild vom saufenden Russen, der sich um seinen Verstand trinkt und mit zerfressenem Hirn und kranker Leber zeitig stirbt, ist von so universeller Kraft, von so allegorischer Bedeutung, das es gezeichnet werden muss. Es zeigt eine höhere Wahrheit als öde Statistik:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Alkoholkonsum
Ob der Autor geeignet ist, eine andere von ihm benannte und diesmal auch in trister unpoetischer Realität zu erkennende Entwicklung, die russische Renationalisierung, zu beurteilen, soll jeder Leser für sich entscheiden. Ja, die gibt es und die hat Seiten, die noch übler sind, als der Autor sie aufzeigt. Ich nehme doch an, dass er Russisch spricht und sie kennt? Die aber ist nicht aus dem Nichts erwachsen. Wer glaubt, diese -durchaus unerfreuliche- Entwicklung aus Großmachtphantasien eines einzelnen Menschen ableiten zu können, muss schon sehr von konkreten politischen Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre abstrahieren. Das allerdings scheint dem Autoren nicht schwer zu fallen.
Nun ist eigentlich egal, was der Autor schreibt oder ich gegen seinen Text einzuwenden habe. Es ändert nichts am Gang der Dinge.
Problematisch ist es, dass die Art eine politische Landschaft zu sehen und sich und seinen Lesern zu erklären auch die ist, die sich handelnde Politik zu eigen gemacht hat. Natürlich nicht deckungsgleich. Des Autoren Kritik an unserer Seite würde sicher nicht akzeptiert. Die halte ich übrigens für genau so oberflächlich.
Das Russlandbeschimpfungen zur eigenen Kunstform wurden ist nun auch geschenkt. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich dort eine ausreichend große Zahl von Menschen beeindrucken lässt. Hier scheint das eher zu funktionieren.
Nur sehe ich nicht, und wirklich nirgends, den Versuch, nach Wegen zu suchen, die aus dieser Situation herausführt. Ob sich der Traum von der wirtschaftlichen Zerstörung Russlands erfüllen wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Und das meine ich ernst: ich weiß es nicht. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass sich solche Träume auch nicht erfüllten, als Artilleriebeobachter glaubten, schon die Türme von Moskau zu sehen.
Was ich aber sehr sicher weiß, ist, dass wir unaufhaltsam auf eine Katastrophe zusteuern, die niemand mehr beherrschen kann. Das ist natürlich nicht die Schuld des Autoren und wäre auch so, wenn er keine Zeile geschrieben hätte. Aber es ist die Schuld einer Politik, die auf solchen Vorstellungen beruht, wie er sie formuliert.