Denis Barthel schrieb am 21. August 2001 11:54:
> Ich bezweifle stark, daß er Ihn umbringen wollte.
Was wollte er?
Ein junger Mensch, der ein gewisses Maß an Bildung abbekommen hat,
genug für die Erkenntnis, daß bei der Kanalisierung der weltweiten
wirtschaftlichen Kräfte irgendetwas noch schief läuft.
Sicherlich niemand, der am abend vorher denkt: wenn ich sonst schon
nicht tun kann, bringe ich wenigstens einen der Bullen um, die diese
Veranstaltung schützen.
Aber vielleicht einer, der denkt: die wollen die Demonstrationen in den
Medien unterdrücken, wollen mit ihren Zonen das Demonstrationsrecht
beschneiden, unser Anliegen vor der Masse verstecken, die nicht sieht,
was wir sehen.
Also fühlte er sich berechtigt, gar verpflichtet zu aufsehenerregenden
Aktionen. Damit war er einer von sehr vielen. Vielleicht ein besonders
unbeherrschter, der sich von den Ereignissen in Rage bringen läßt; so
eine Demo ist für beide Seiten kein Vergnügen, man sieht immer nur die
Provokationen der anderen Seite, ein Demonstrant bückt sich, weil sein
Schuh auf ist, ein Polizist hebt den Schild, weil er einen Steinwurf
fürchtet, ein Demonstrant vermutet eine Drohgebärde und droht zurück,
darauf wedelt ein Polizist mit dem Knüppel, ein Demonstrant stürmt
daraufhin los und es schaukelt sich hoch. Man kennt das, aber selbst
bei guter Vorbereitung auf beiden Seiten passiert es immer wieder.
Hier waren beide Seiten nicht gut vorbereitet. Tut mir leid: wer sich
unter den Gesetzen der Massenpsychologie in Stimmungen hineinsteigert,
daß er mit einem Feuerlöscher auf einen Polizeiwagen zustürmt, gehört
nicht auf eine Demonstration. Genausowenig wie Polizisten, die in Panik
alles vergessen, was sie je über den Einsatz von Schußwaffen gehört
haben.
Meine letzte Demo war noch in Bonn, Einschränkung des Asylrechts. Ich
habe die zusammengeketteten vermummten Horden erlebt und mir gedacht:
können die Polizisten, die von denen gejagt werden, mich überhaupt noch
als ehrlich demonstrierenden Bürger behandeln?
Ich habe seitdem noch viel "demonstriert": vor Kollegen in der
Kaffeepause, mit Artikeln im Usenet, vor Nachbarn beim Grillfest. Ich
habe argumentiert und zugehört. Ich habe überzeugt und gelernt. Ich
werde oft schief angeschaut, aber üblicherweise nicht mit Schußwaffen
bedroht.
Ich bin mir sicher, daß ich so mehr erreiche. Und es macht mich wütend,
wenn dieses politische Handeln im Kleinen verniedlicht wird, der
Feuerlöschersturm dafür aber glorifiziert. Wenn polarisiert wird, der
Konflikt angeheizt, Verschwörungstheorien geschürt, ein Feindbild
gepflegt wird. Wenn immer mehr Menschen zu einem Haß auf "das System"
erzogen werden und ich dann wieder in der Zeitung lesen muß, daß sich
die Prophezeihung selbst erfüllt.
Also zurück zum Ausgangspunkt: es ist nicht entscheidend, was er mit
dem Feuerlöscher wollte. Viel wichtiger scheint mir zu sein, die
"Lehren" aus dem Fall nicht immer für "die andere Seite" zu ziehen,
sondern seine Anstrengungen zu verlagern dorthin, wo die Fronten noch
nicht so verhärtet sind, daß eine gemeinsame Suche nach Lösungen noch
möglich ist.
Besten Gruß.
> Ich bezweifle stark, daß er Ihn umbringen wollte.
Was wollte er?
Ein junger Mensch, der ein gewisses Maß an Bildung abbekommen hat,
genug für die Erkenntnis, daß bei der Kanalisierung der weltweiten
wirtschaftlichen Kräfte irgendetwas noch schief läuft.
Sicherlich niemand, der am abend vorher denkt: wenn ich sonst schon
nicht tun kann, bringe ich wenigstens einen der Bullen um, die diese
Veranstaltung schützen.
Aber vielleicht einer, der denkt: die wollen die Demonstrationen in den
Medien unterdrücken, wollen mit ihren Zonen das Demonstrationsrecht
beschneiden, unser Anliegen vor der Masse verstecken, die nicht sieht,
was wir sehen.
Also fühlte er sich berechtigt, gar verpflichtet zu aufsehenerregenden
Aktionen. Damit war er einer von sehr vielen. Vielleicht ein besonders
unbeherrschter, der sich von den Ereignissen in Rage bringen läßt; so
eine Demo ist für beide Seiten kein Vergnügen, man sieht immer nur die
Provokationen der anderen Seite, ein Demonstrant bückt sich, weil sein
Schuh auf ist, ein Polizist hebt den Schild, weil er einen Steinwurf
fürchtet, ein Demonstrant vermutet eine Drohgebärde und droht zurück,
darauf wedelt ein Polizist mit dem Knüppel, ein Demonstrant stürmt
daraufhin los und es schaukelt sich hoch. Man kennt das, aber selbst
bei guter Vorbereitung auf beiden Seiten passiert es immer wieder.
Hier waren beide Seiten nicht gut vorbereitet. Tut mir leid: wer sich
unter den Gesetzen der Massenpsychologie in Stimmungen hineinsteigert,
daß er mit einem Feuerlöscher auf einen Polizeiwagen zustürmt, gehört
nicht auf eine Demonstration. Genausowenig wie Polizisten, die in Panik
alles vergessen, was sie je über den Einsatz von Schußwaffen gehört
haben.
Meine letzte Demo war noch in Bonn, Einschränkung des Asylrechts. Ich
habe die zusammengeketteten vermummten Horden erlebt und mir gedacht:
können die Polizisten, die von denen gejagt werden, mich überhaupt noch
als ehrlich demonstrierenden Bürger behandeln?
Ich habe seitdem noch viel "demonstriert": vor Kollegen in der
Kaffeepause, mit Artikeln im Usenet, vor Nachbarn beim Grillfest. Ich
habe argumentiert und zugehört. Ich habe überzeugt und gelernt. Ich
werde oft schief angeschaut, aber üblicherweise nicht mit Schußwaffen
bedroht.
Ich bin mir sicher, daß ich so mehr erreiche. Und es macht mich wütend,
wenn dieses politische Handeln im Kleinen verniedlicht wird, der
Feuerlöschersturm dafür aber glorifiziert. Wenn polarisiert wird, der
Konflikt angeheizt, Verschwörungstheorien geschürt, ein Feindbild
gepflegt wird. Wenn immer mehr Menschen zu einem Haß auf "das System"
erzogen werden und ich dann wieder in der Zeitung lesen muß, daß sich
die Prophezeihung selbst erfüllt.
Also zurück zum Ausgangspunkt: es ist nicht entscheidend, was er mit
dem Feuerlöscher wollte. Viel wichtiger scheint mir zu sein, die
"Lehren" aus dem Fall nicht immer für "die andere Seite" zu ziehen,
sondern seine Anstrengungen zu verlagern dorthin, wo die Fronten noch
nicht so verhärtet sind, daß eine gemeinsame Suche nach Lösungen noch
möglich ist.
Besten Gruß.