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  • Niccus

860 Beiträge seit 27.06.2005

Re: Aktien Rente ist die schlechteste Idee des Jahrhunderts

Bin Trader, Anleger eher nicht.

Du spielst vermutlich an auf die Tatsache, dass die Märkte im Durchschnitt steigen. Ja, das stimmt.

Problem: 99% aller Anleger, professionell oder privat, sind nicht in der Lage, davon zu profitieren.

Das Problem sind die seltenen Wahrscheinlichkeiten. Und zwar im Markt und auf der Seite der Anleger.

Wenn man davon ausgeht, dass alle 15-20 Jahre ein massiver Crash eintritt, und sich die Kurse danach wieder erholen und sogar steigen (die konkreten Zeitraum spielen keine Rolle, es geht hier nur um das Beispiel), sind leider die wenigsten Anleger noch dabei. Entweder weil sie die Nerven verloren haben und die Positionen glattgestellt oder weil sie es sich schlicht nicht leisten konnten, das Vermögen auf einen Bruchteil zusammen schrumpfen zu lassen.

Wie lange soll zum Beispiel eine Bank zuschauen, wenn es ins Minus geht? Bis zum Konkurs? Fast alle Banken sind überhebelt. Würden die Banken seriös arbeiten, dann könnten Sie das durchstehen. Aber man erwartet von den meisten Banken überdurchschnittliche Gewinne. Die sind eben erkauft mit überdurchschnittlichen Risiken. Diese Risiken treten irgendwann einmal ein. Garantiert. Sonst wären es ja keine Risiken.

Die öffentliche Hand muss dann die Banken retten. Die Gewinne sind einfach nicht mehr da.

Hinzu kommen eben noch die Ereignisse auf der Seite der Anleger. Und die sind entscheidend. Erstens ist das Leben des Anlegers begrenzt. Das gilt vielleicht nicht für Institutionen, aber auch dort gibt es personelle Wechsel. Natürlich könnte man seine Positionen 100, 200, 300 Jahre halten. Aber mehr als ein verstaubtes Portrait über der Freitreppe des Familienbesitzes wird man davon nicht behalten können.

klar gibt es gut gepflegte Portfolios, die kontinuierlich zum Vermögen beitragen. Die Betonung liegt auf gut gepflegt. Und das ist eben bei den wenigsten der Fall. Einfach nur halten und warten, bis der Markt in 100 Jahren gestiegen ist, funktioniert nicht. Man muss regelmäßig umschichten. Dabei muss man nicht nur verstehen, was man tut, sondern man muss auch frei sein, zu handeln, wie es vernünftig wäre. Bei öffentlichen Fonds ist das schon einmal nicht der Fall. Erstens sind sie so groß, dass Umschichtungen im Krisenfalle viel zu lange dauern. Und zweitens üben politische Akteure Einfluss aus. Da kann es sehr schnell zu fatalen Fehlentscheidungen kommen.

Auch bei privaten Portfolios ist man nicht immer frei, zu handeln, wie man es möchte oder sollte.

Dazwischen kommen dann immer wieder Phasen, in denen Blasen entstehen. Diese verleiten die Anleger, das Risiko hoch zu fahren, einfach, weil es die ganze Zeit so gut gegangen ist. Dreht dann die Börse, wird man auf dem falschen Fuß erwischt und hat hinterher weniger, als vorher.

Manchmal braucht man plötzlich das Geld, dann muss man womöglich zum schlechtesten Zeitpunkt verkaufen. Eine Scheidung, ein Unglücksfall, eine Investitionschance außerhalb des Aktienmarktes, zum Beispiel eine Immobilie, die man kaufen möchte. Da hat man in der Regel nicht Zeit, mitunter fünf Jahre zu warten, bis sich das Portfolio erholt hat.

Ich kenne einen Fall, bei dem jemand einen Schlaganfall erlitten hat. Der Anleger hat das gesamte Familienvermögen verzockt. Einfach, weil er nicht mehr den Durchblick hatte. Aber die Familie hat es nicht sofort gemerkt. Erst als der Gerichtsvollzieher an die Tür klopfte. Doch selbst als Gesunder kann man natürlich irreführenden Kampagnen auf den Leim gehen. Zum Beispiel, man könnte seine Rente auf Aktien fußen lassen…

Ja, und dann gibt es noch die Katastrophen. Also nicht ein gewöhnlicher Crash, sondern große Kriege, Zusammenbrüche von Regimen, Währungsreformen, Revolutionen. Das passiert vielleicht nur einmal im Jahrhundert, aber dann ist das Geld zu 100 % weg. Irgendwie rechnerisch, statistisch, wissenschaftlich geht es hinterher ziemlich sicher wieder rauf. Nur ist man eben am Ende nicht mehr dabei.

Ich sage noch einmal: ja, es gibt Leute, es gibt Firmen, die an der Börse gut aufgehoben sind. Aber das gilt für 99 % aller Aktiven an der Börse nicht.

Und: es ist auch gar nicht der Zweck der Börsen, die Menschen reich zu machen. Das ist nur eine Fantasie. Eine verführerische Geschichte, um Menschen dazu zu bringen, ihr Geld in heikle Anlagen zu stecken. Davon profitieren vor allem jene, die den Goldgräbern die Schaufeln verkaufen.

Zuletzt sage ich es noch einmal: Gehörst du zu jenen 1 %, die wirklich wissen, was sie tun, fährst du wahrscheinlich gut.
Aber bist du diese Ausnahme?

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