... wäre es sinnvoll, sich an das Wesen der Tragik zu erinnern.
Oder an das Zitat aus Schillers Wilhelm Tell:
Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt."
Man kann Russland nicht vorwerfen, nicht alles getan zu haben, um auf diplomatischem Wege seine Sicherheitsbedürfnisse berücksichtigt zu bekommen. Selbst sein als Verteidigungskrieg anerkannter Angriff auf Georgien am 8. 8. 2008 hat die NATO-Seite nicht dazu gebracht, die Einkreisung der Russischen Föderation zu beenden. Im Gegenteil, die USA betrachten das Ende des ersten Kalten Kriegs als Sieg, lt. Brzeziński durch den Abnutzungskrieg in Afghanistan, und wollen dies in der Ukraine wiederholen. Alles in der Hoffnung, die Jelzin-Jahre zu wieder zu bekommen.
Es geht hier um die Entwicklung und gar die Existenz eines Staates und sein oberster Repräsentant wird durch die Umstände und die Entscheidungen der Volksvertretung zu einem Schritt gezwungen, den zu vermeiden er sich seit 20 Jahren bemüht hat. Kann man da nicht seine Wandlung verstehen?
Ein äußeres Zeichen der Wandlung ist, dass sich die ehedem weichen Gesichtszüge Putins versteinert haben. Sie gleichen heute einem Granitfelsen, dem jede Regung fremd ist. Zeichen von Empathie sucht man in dem verhärmten Gesicht vergebens.
Wenn es dann weiter geht mit:
Der Präsident sieht sich offensichtlich in einer historischen Mission, schwadroniert von glorreicher sowjetischer Vergangenheit, verirrt sich in absurde Hirngespinste und setzt seine "Abschreckungswaffen" in erhöhte Alarmbereitschaft.
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dann heißt das nur, dass der Autor die originalen Reden Putins nicht gelesen oder sie nicht verstanden hat. Mich persönlich enttäuscht, dass ein ehemaliger Richter sich von der herrschenden propagandistischen Emotionalisierung dieses Konflikts einfangen lässt und sich so wenig mit der Tragik dieser Person beschäftigen mag.