Verglichen mit der unsäglichen Skripal-Story und weiteren Geschichten um das tödlichste aller Kampfgifte, das aber eigentümlich unwirksam bleibt, ist die Tiergarten-Angelegenheit angenehm down to earth. Mann erschiesst anderen Mann. Wie der Täter auch immer original heisst, er ist ein Mörder und verdient die nun dekretierte Strafe.
Was man aus den Eigentümlichkeiten auch dieses Falles machen soll, ist schwer zu sagen. Warum sich einer so clumsy anstellt, dass er auch ja ganz gewiss erwischt werde, erschliesst sich nicht so leicht. Man kann daraus eine Verschwörungstheorie in die eine oder andere Richtung basteln - der russische Geheimdienst stellt sich mit Absicht so dämlich an, damit die Leute dann sagen, das könne er gar nicht gewesen sein, oder, ein westlicher Geheimdienst hat den Mann angeheuert, um es dann den Russen in die Schuhe zu schieben, nur um Möglichkeiten zu erwähnen -, aber was springt dabei für den Täter heraus? Dass für die Bellingcat-Leute immer alles ganz klar ist, versteht sich von selbst.
Jetzt wurden zwei Russen mit Diplomatenpass des Landes verwiesen. Da werden dann wohl auch mindestens zwei Deutsche das gastliche Russland verlassen müssen. Es wären alle gut beraten, die unerquickliche Sache nun auf sich beruhen zu lassen. Niemand will doch, dass spätere Historiker - falls es dann noch welche gibt - sagen, dieser Mord im Tiergarten sei ein Element gewesen, das schliesslich zum Krieg geführt habe.