Wenn Schulz mit Vorhaben überzeugen kann, welche die Ungleichheit nicht nur mit bloßer und billiger Polemik kommentieren, sondern fassbare Konter- und Gestaltungsvorschläge bieten, wenn er Mut zeigt, für Arbeitnehmer einzutreten, und wenn Gabriel als Außenminister nicht als Kalter Krieger gegen Russland auftritt und ihm dazwischen funkt, gäbe es möglicherweise eine Wählerschaft, die die SPD zurückgewinnen kann.
Dass Gabriel verbrannt war, hat am Ende wirklich nur die Führungsebene der SPD nicht wahr haben wollen. Aber genau da liegt auch der Hase im Pfeffer: Die SPD hat kein wirklich anderes Programm und auch kein Personal anzubieten, als das, was von Schröder und Co. als der SPD Standard etabliert wurde. Es gibt auch intern weder programmatische Ansätze, die sich wirklich von den neoliberalen Konzepten der Hartz SPD unterscheiden, noch Leute mit Profil, denen man es zutrauen würde, diese quasi aus dem Nichts kompetent zu entwickeln und so zu vertreten, dass sie erstens wirklich etwas an den sozialen Problemen und der Richtung der Politik allgemein verändern und zweitens dann mit ihren Argument auch noch die Masse der Wähler erreichen könnten. Schulz kann nur deswegen für viele ein Hoffnungsträger sein, weil er für sie ein relativ unbeschriebenes Blatt ist.
Natürlich springen die Menschen jetzt dennoch auf den Zug, weil sich mittlerweile viele einen Politikwechsel wünschen, der ihnen wieder Hoffnung gibt, dass die Behauptung, es gäbe keine Alternativen zu dem was wir politisch erlebt haben und erleben doch nicht so ganz stimmt. Das ist im Prinzip die gleiche Dynamik wie hinter dem "regime change" in den USA, nur mit anderen Vorzeichen. Ich möchte gerne, aber Ich weiß nicht, ob ich daran glauben soll. Konkret, kann man die ersten wirklich ernsthaften Versuche der SPD beobachten, sich aus der Dauerlähmung zu befreien, in der sie steckt, seitdem Schröder in maßloser Selbstüberschätzung die Vertrauensfrage gestellt und verloren hat, die dann zu Neuwahlen und Angela Merkel führte. Ob ein Neustart mit dem, was von der SPD übrig geblieben ist wirklich erfolgreich sein kann, wage ich zu bezweifeln. Und wenn es passieren würde, wäre die Frage immer noch, ob das mit den Inhalten, für die die SPD heute steht, nicht nach Schröder zu ihrem zweiten Waterloo führen würde.