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  • Wilko Fokken

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Re: ...

DJ Holzbank schrieb am 12. November 2011 20:18

> Wilko Fokken schrieb am 12. November 2011 17:10

> > "Gelobt sei der Herr, der mich nicht zum Weibe erschaffen hat!"
> > .. heißt das tägliche Morgengebet orthodoxer Juden.
> > 
> > Die Frauen beten:
> > "Gelobt sei der Herr, der mich nach seinem Willen erschaffen hat."
> > (Simone de Beauvoir: "Das andere Geschlecht")

> Keine Ahnung, was für "orthodoxe Juden" Sie kennen. Aber die
> Morgengebete des Talmud kann man z.B. hier nachlesen:
> > http://www.talmud.de/cms/Texte_aus_dem_Morgengebet.149.0.html

Wo Simone de Beauvoir dieses Zitat gefunden hat, kann ich nicht
sagen; ihre grundlegende Arbeit über die Gleichberechtigung der Frau
wurde m.W. bislang nicht als geschludert abgetan.

Auch wenn ich den hier infrage gestellten Gebetsspruch nach Frau
Beauvoir als Aufmacher verwendet habe, freut es mich, daß die
jüdische Religion solche Unmenschlichkeit nicht vertritt.

> > Den höchsten Stand der Freiheit und Gleichberechtigung hatten nach
> > römischen Angaben die vorchristlichen germanischen Frauen:
> > Sie berieten sich mit ihren Männern bei Kriegszügen 
> > und hatten schon
> > manche wankende Front durch ihren tapferen Beistand und ihre
> > Anfeuerung gewendet und noch zum Sieg geführt.

> "Anfeuerung"? Wir nennen also jetzt "cheerleading" "den höchsten
> Stand der Freiheit und Gleichberechtigung"?

Slogans moderner Massenbewegungen sind mir bei geschichtlichen
Betrachtungen nicht von Belang.

In seiner "Germania" schreibt Tacitus:
--------------------------------------
"Besonders spornt sie zur Tapferkeit an, daß nicht Zufall und
willkürliche Zusammenrottung, sondern Sippen und Geschlechter die
Reiterhaufen oder Schlachtkeile bilden. Und ganz in der Nähe haben
sie ihre Lieben; von dorther können sie das Schreien der Frauen, von
dorther das Wimmern der Kinder vernehmen. Ihr Zeugnis ist jedem das
heiligste, ihr Lob das höchste: zur Mutter, zur Gattin kommen sie mit
ihren Wunden, und jene zählen oder prüfen ohne Scheu die Stiche; auch
bringen sie den Kämpfenden Speise und Zuspruch. 

Schon manche wankende und sich auflösende Schlachtreihe wurde, wie es
heißt, von den Frauen wieder zum stehen gebracht: durch beharrliches
Flehen, durch Entgegenhalten der entblößten Brust und den Hinweis auf
die nahe Gefangenschaft, die den Germanen um ihrer Frauen willen weit
unerträglicher und schrecklicher dünkt. Aus diesem Grunde kann man
einen Stamm noch wirksamer binden, wenn man unter den Geiseln auch
vornehme Mädchen von ihm fordert. 

Die Germanen glauben sogar, den Frauen wohne etwas Heiliges und
Seherisches inne; deshalb achten sie auf ihren Rat und hören auf
ihren Bescheid. Wir haben es ja zur Zeit des verewigten Vespasian
erlebt, wie Veleda lange Zeit bei vielen als göttliches Wesen galt.
Doch schon vor Zeiten haben sie Albruna und mehrere andere Frauen
verehrt, aber nicht aus Unterwürfigkeit und als ob sie erst Göttinnen
aus ihnen machen müßten. 

Beachtenswert ist die Stellung der Frau bei den Germanen. Sie ist
nicht Dienerin, sondern Gefährtin des Mannes in allen Lebenslagen,
und wenn auch in der Form der Mitgift der bei den indogermanischen
Völkern übliche Kauf der Frau in abgewandter Form noch in Erscheinung
tritt, so ist die Mitgift selbst etwas bezeichnend Germanisches. Der
Mann bringt ihr Rinder, ein gezäumtes Ross, ein Schild mit Speer und
Schwert, die Frau schenkt ihm ein Waffenstück. Diese Gaben sollen
sinnbildlich die unlösbare Verbundenheit von Mann und Frau im Frieden
und im Krieg dartun, und auch die Frau soll sich am Tage der
Eheschließung bewusst sein, dass sie die Gefahren ebenso mit ihrem
Manne teilen muss wie die glücklichen Zeiten. Diese Stellung der Frau
drückt sich auch in der Einrichtung aus, dass die Sippe der Frau ihre
Ehre und ihr Ansehen, ihre Geltung und ihr Recht selbst dem Ehemann
gegenüber zu vertreten hatte, so dass die Frau also keineswegs
schutzlos war.

Mit der Keuschheit in tiefstem Zusammenhang steht die hohe, ideale
Würdigung des Weibes: „etwas Heiliges und Weissagungsvolles erblicken
sie in dem Weibe“ sagt Tacitus; sie hören auf ihren Rath, auf ihre
Warnung. Näher als die rauheren Männer stehen die Frauen den Göttern,
leichter ahnen sie deren Willen und Zukunftsbestimmung. Daher gab es
nicht nur neben Priestern Priesterinnen, sondern Zukunft kundige
Frauen, die nicht Priesterinnen waren oder doch nicht sein mußten,
übten großen Einfluß auch auf die Leitung des Staates, der Kriege mit
Rom: so jene Jungfrau Belleda im Land der Brukterer, welche, auf
hohem Thurm einsam lebend, den Willen der Götter erkundete und ihrem
Volk verkündete: Sieg hatte sie verheißen und Sieg war geschehen, und
zum Lohne führte man ihr den gefangenen römischen Feldherrn zu.

Dieser hohen Werthhaltung der Ehre ihrer Frauen entsprechend glaubte
man die Germanen zur Einhaltung von Verträgen am wirksamsten
anzuhalten, wenn man sich edle Jungfrauen als Geiseln von ihnen geben
ließ; diese vor Schmach zu wahren, enthielten sie sich sorgsam jeder
Verletzung der vertragsmäßigen Verpflichtungen.

Eine zusammenfassende Darstellung der Forschungsergebnisse über die
Germanen aus dem 19. Jahrhundert von Prof. Felix Dahn:
http://de.wikisource.org/wiki/Das_Weib_im_altgermanischen_Recht_und_L
eben

> Warum gibt es unter den Aposteln keine Frau? Warum sind sämtliche
> Evangelisten männlich?

Das könnte die beginnende Kirche durchaus patriarchalisch
"nachgebessert" haben.
Die römische Kirche, aus den Predigten des Paulus hervorgegangen, wie
ich hier an anderer Stelle dargestellt habe, war wie Paulus eindeutig
patriarchalisch orientiert. Dies kann man allerdings Jesus nicht
zuschreiben, wie sein Umgang mit Maria Magdalena oder mit Maria, der
Schwester Marthas zeigt.

Für mich besteht das Verdienst der christlichen Kirchen vor allem
darin, die christlichen Dokumente über 2000 Jahre bewahrt zu haben.

> > "Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das
> > Himmelreich.", sind Christen eben KEINE (geistlich reichen) stolzen
> > Wahrheitsbesitzer, sondern jene, die anderen Geschöpfen nach der
> > Anrührung ihres Herzens durch Christi Liebe mit Freude dienen.

> Da muß ich auch wieder - Sie verzeihen vielleicht - eher mit dem Kopf
> schütteln. 

Mit dem Kopf kann weder der Glaube, noch die Liebe erfahren werden.

Das drückt der Satz von Antoine de Saint Exupery sehr überzeugend
aus:
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen
unsichtbar."

Denn die von Ihnen zitierte Aussage enthält
> selbstverständlich eine Behauptung. Daß eben genau die und die "selig
> sind".

Diese biblische Aussage versteht man vielleicht besser, wenn man sie
neben den Satz von Bertolt Brecht stellt:

"In dieser Nacht entdeckte ein armer Holzfäller
 die Gesetze der menschlichen Glückseligkeit."

Im übrigen habe ich den Eindruck, daß Jesus bei der "Tempelreinigung"
nicht nur gegen die Geldwirtschaft der Wechsler, sondern auch gegen
das Töten von Tieren vorging, als er äußerte: "..ihr habt eine
Mördergrube daraus gemacht."

> > Noch unter Mao hatten die Propagandisten einen Hauch dieser Erfahrung
> > verspürt, als sie die Parole ausgaben: "Dem Volke dienen".

> Was für eine Wendung und Überleitung!
> Hier wird also die Idee eines einheitlichen "Volks" 
- von den Prpagandisten Maos -
> eingeführt, welches sämtlich gemeinsame Interessen hat.
> Ist das so, und unter welchen Bedingungen?

Das fragen Sie am besten die Chinesen.

> > Das hatte sogar noch auf jene Achtundsechziger Eindruck gemacht, die
> > sich sonst (abseits von Mao) schüttelten, wenn hierzulande das Unwort
> > "deutsches Volk" vorkam.

> Vermutlich nähern wir uns so langsam ihrem Problem.

Nun, wenn Sie unbedingt meinen ..

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